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Poesie der Ebene

Es ist eine große Konzentration in der Musik von Vril. Das war schon immer so, seit den ersten 12″ auf Staub: der lange, forschende Blick auf das Wenige, das da ist. In der tiefen Auseinandersetzung mit der Reduktion der Mittel findet sich in dieser Musik wieder fraktalhafte Komplexität – Minimal und maximaler Monumentaltechno sind hier identisch, es ist eine Frage der Auflösung im Sinne des Feinheitsgrades der Wahrnehmung1.

Anima Mundi, das zunächst als Tape veröffentlichte nächste Vril-Album, nimmt diese Konzentration deutlicher in den Blick: Es geht weniger um die Dramaturgie der Tracks, ihre affirmative Funktion auf dem Floor, Vril beraubt sich also seiner augenscheinlich größte Stärke.

Umso mehr tritt in den Vordergrund, was mich seit den Staub-Releases fesselt: Die Poesie der Ebene, Sustain ohne Release. Auf Anima Mundi verhallen die Bars mit statischen hundert BPM im Rauch, ohne ihre deutlich spürbare, aber drastisch kontrollierte Energie einzulösen. Ihre meditative Qualität tritt in den Vordergrund, es trifft auch hier die vollkommen grandiose Beobachtung von Rainald Goetz zu: “Kunst, die man nicht sieht. Musik, die man nicht hört. Ein Denken, das alles irgendwie denkbare schon erledigt hat und jedem dadurch alle Freiheit gibt”.

Ein stilles Release nach der großen Welle, dem Boiler Room und den Videofeatures. Ich hätte es gern als Album, für das Gefühl des nahenden Ende dieses Jahres.


  1. Ich hatte einen ähnlichen Gedanken zum Set von Fis + Renick Bell beim Atonal 

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