electricgecko

Dezember

No Tears (For The Creatures of the Night), das erste Stück Musik in diesem Jahr, habe ich zu laut mitgesungen, in einer sehr gut eingerichteten Wohnung gegenüber den Neukölln-Arkaden.

Ich war in London und Leipzig und dann wird irgendwo stehen, dass ich 2011 ein Designstudio eröffnet habe. Und nicht: Wie lange ich davon träumte und wie gut das Gefühl ist, wenn man in die Sommernacht tritt und hinter sich abschließt. Nicht, wie viel es bedeutet, einen Partner zu haben und auch nicht wie viel Offensichtliches ich noch über Kausalität lernen musste.

Ich habe erlebt, wie DJ Phono im Ego sein erstes Album live gespielt hat und finde, dass Espy recht hat.

Ich war in Zürich und Barcelona, besuchte Damir Domas Atelier in Paris, hatte die beste Playlist in New York und war im Publikum, als Andy Stott und Demdike Stare das Jahr 2011 auf dem Berghain-Floor formuliert haben. No Tears For the Creatures of the Night; it might as well be our battle cry. Die Tracks und Songs und Sets des Jahres.

Winter

  • Tuxedomoon – No Tears (For the Creatures of the Night)
  • Actress – Always Human
  • Ghostface Killah – Ghetto
  • Pawel – Crillon (Sistrum Remix)
  • Spandau Ballet – Gold
  • Madvillain – 3.214
  • The Field – Istegarde
  • Daisuke Tanabe – Coil
  • Tyler, the Creator – Yonkers
  • Ghost of Tom Joad – Snow in the Summertime

Frühling

  • Von Spar – Scotch & Chablis
  • Taras Van De Voorde – 1998 (Deetron Remix)
  • Vince Watson – Long Way from Home
  • Gang Starr – The ? Remains
  • Nas – Represent
  • Dirty Gold – Sea Hare
  • RVDS – Pain
  • Robag Wruhme – Tulpa Ovi
  • Dam Mantle – Rebong
  • Daniel Bortz – No Griggity
  • Pet Shop Boys – I want to wake up

Sommer

  • Battles – Rolls Bayce
  • Quarion – Pepper Candy
  • DJ Phono – Your Name
  • Heiko Laux & Teo Schulte – Sound Hug (Daniel Bortz Remix)
  • Trickski – Wilderness
  • Subb-An – What I Do
  • Andreas Dorau – Stimmen in der Nacht
  • Lunapark – Dieser Tag
  • IAM – L’Aimant
  • Chopstick & Johnjon – Obviously She’s a Whore
  • Aeromaschine – Must Be
  • Felix – You can’t hold me down
  • Tigerskin – Shea’s gone
  • Pional – Where Eagles Dare

Herbst

  • Andy Stott – Posers
  • Shigeto – Children at Midnight
  • Viadrina – Better (Arto Mwambe Remix)
  • Com Truise – Colorvision
  • Meridiens – Animals
  • Ribn – Save Me
  • Efdemin – Nighttrain (Fred P Reshape)
  • Andy Stott – Tell me Anything
  • M83 – Midnight City
  • Conforce – Shadows of the Invisible
  • OCP – Blue Spring

Winter

  • Todd Terje – Ragysh
  • Yør – Golden Boy
  • Moomin – You
  • ItalTek & MF Doom – S/T Bootleg
  • Einstürzende Neubauten – Nagorny Karabach
  • Double X – Sunshine
  • Manuel Tur – Misery
  • OCP – Convoy
  • Pillowtalk – Soft (Life and Death Remix)
  • Madvillain – Cold One

Sets

Schließlich: Was Max John Buschfeld in Bad Bunny Bummer von Minute 44 bis 1:02 macht, ist mit Abstand die beste Viertelstunde, die ich 2011 in einem Set gehört habe. Human League wins everything.

Die lange Form hat es nicht leicht. Wie viele Settings gibt es in meinem Leben eigentlich noch, die eine LP als musikalisches Format aushalten? Die Prozesshaften sind es nicht. Sie verlangen nach mehr Kontinuität und Fluss, ihnen entspricht das Set. Die plötzlich auftretenden Momente (wenn sich die Landschaft draußen vor dem Zugfenster verändert oder die Sonne rauskommt) brauchen ihren Track oder ihr Lied, und zwar auf der Stelle. Das Album ist also im Besten Fall ein Setzkasten. Ein Repertoire von Variationen eines Themas. Wenn es wirklich gut ist, enthält es mehr als eine Handvoll wichtiger Tracks oder Lieder, je nachdem. In dieser Hinsicht waren die Alben des Jahres 2011 anders als diejenigen von 2010 – kein Überangebot großer LPs, sondern eine Reihe Releases, auf die ich beinahe unbemerkt immer wieder zurückgekommen bin.

  • Kangding Ray – OR

    Eine der vielen guten raster-noton-Veröffentlichungen in diesem Jahr – und eine, die ihrem Artwork nicht mehr entsprechen könnte. Präzise separiert in Klicks, Flächen und Beats walzt sich Kangding Ray voran, stets langsam, zuweilen vollständig zum Halt kommend. Musik, die in Museen laufen sollte. Musik, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine der kommenden Rick-Owens-Shows begleiten wird.

  • Lunapark – Gefangene Vögel

    Ich schrieb im August über Lunapark, eine kurzlebige Wave-Formation aus (ausgerechnet) Wuppertal, die sich nach einem Release wieder auflösten. Erstaunlicherweise hat sich Gefangene Vögel länger als einen Monat in meiner Rotation gehalten – dank seiner musikalischen Konsequenz und Funktionalität, seiner guten Texte und seiner Angemessenheit für meine Lebensumstände in diesem Jahr.

  • Conforce – Escapism

    Kein Jahr ohne einen fantastischen Longplayer von Delsin. In diesem Fall das zweite Album von Conforce: Ruhig, untexturiert, deep as fuck. Im Herzen ein Track, der alles auf den Punkt bringt: Shadows of the Invisible. Eine Platte wie eine geräuschlose Shinkansen-Fahrt durch die tiefsten Schluchten von Coruscant.

  • Madvillain – Madvillainy 2 (The Madlib Remix)

    Dass das Original dieser Platte eines der besten Hip-Hop-Releases überhaupt ist, sollte man niemandem erklären müssen. Dass Madlib aus dem Rohmaterial von Madvillainy vier Jahre später durch Cut-Up und Pastiche eine zweite großartige Platte gemacht hat, wäre bei jedem anderem als ihm vollkommen unglaublich. Dass Doom nach wie vor der beste MC der Welt ist, hilft wohl auch. I don’t think we can handle a style so rancid/Flipped it like Madlib did the old jazz standard.

  • Andy Stott – We Stay Together

    Das Unvermögen, die beste Platte des Jahres zu beschreiben. Das einzige Release des Jahres, das mich sprachlos hinterlassen hat; weil es schlicht so unfassbar gut ist. Weil es in seiner brachialen Konsequenz so richtig ist, wie kein anderes – ästhetisch, visuell, intellektuell, persönlich. Und: Das schönste Artwork des Jahres.

Honorable Mention: Roman Flügel – Fatty Folders, Com Truise – Galactic Melt, DJ Phono – Welcome to Whereever you’re not, The Sight Below – Glider, Robag Wruhme – Thora Vukk, VA – Back and 4th, Shigeto – Full Circle, Tyler, the Creator – Goblin