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Es hat etwas für sich, den eigenen Musikgeschmack pro Jahr zu betrachten. Dabei zuzusehen, wie sich aus den wenigen relevanten neuen Alben, der Flut von 12″-Releases und dispersen Begegnungen mit Tracks und Platten der Vergangenheit nach zwölf Monaten ein konsistentes Ganzes ergibt. Egal, wie verloren ein Jahr im März aussehen mag – spätestens zum Sommer ist die definierende Musik vorhanden. Sich darauf verlassen zu können, ist schön.

Obwohl 2011 bisher nicht arm an guten Veröffentlichungen1 ist, habe ich mich sehr über die unwahrscheinliche Begegnung mit Lunapark gefreut. Es handelt sich dabei um eine Gruppe aus Wuppertal, die 1982 ein Album und eine 12″ veröffentlicht hat. Das ist wenig, doch vollkommen ausreichend – denn die Platte namens Gefangene Vögel ist fantastisch.

Lunapark balancieren zwischen ausgehendem Post-Punk und beginnendem Wave. Die Bassmelodie ist also dort, wo sie hingehört (vorne), ihr Synthie klingt roh und direkt, Gitarren sind für Soli und ansonsten Rhythmusinstrument. Alles hallt. Für den Gesang fällt mir nur der englische Ausdruck deadpan ein – eine angemessene Form für richtige Texte wie „Autos Kinder tausend Bilder / keine Resultate / bunte Tafeln an den Straßen zeigen nicht worauf ich warte“. Das Ergebnis ist konsequente Musik – simpel, funktional und hinreichend roh.

Lunapark hatten das Glück, sich aufzulösen, bevor sie Einflüsse zulassen konnten – schließlich einer der Hauptgründe für schlechter werdende Bands. Darum wird Gefangene Vögel eine meiner Platten des Jahres sein, ich bin mir sicher.

Da das offenbar andere ähnlich sehen, gibt es ein digitales Re-Release auf Tusk bei iTunes und eine Myspace-Seite. Das hatte man wohl so, Anfang der Achtziger.


  1. Dirty Gold, Phono, Rau 

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