electricgecko

Dezember

Es bedeutet keinen Unterschied, ein bestimmtes Alter erreicht zu haben. Keine gestiegene Reflektionsfähigkeit oder größere Klugheit. Der Unterschied ist vielleicht, sicherer zu wissen, was man gelernt hat. Es bedeutet: Ruhig auf subjektive Wahrheit bauen. Niederschreiben. Dem Momentum folgen, in der Arbeit und in allem.

Es ist richtig, grobe Werkzeuge zu verwenden. Ideen nicht auszuarbeiten, sondern sie in einem rohen, unverzierten Zustand zu belassen. Schönheit nicht in der Ausarbeitung finden, sondern in Energie und Krassheit. Wach bleiben. An allem zerren.

Im Mission District (wo ich meinen Pullover fast verlor), in Porto, im Winter, auf dem Dach des Standard in Downtown LA, den Platz der Santa Maria Novella in Florenz betretend, verschwitzt im Sonnenaufgang, in Hamburgs obersten Stockwerk, über Zürich.

Intensität ist für mich immernoch [sic] der einzige akzeptable Wert. Eben weil alle anderen Werte Betrug sind. […] Stahl auf die Finger hauen, heiser zusammenbrechend schreien. Oder, pathosfrei und noch richtiger: Strip it, boost it. Musik aus dem Jahr 2012.

Winter

  • Adam Marshall – Chord Tracking (Remix MS)
  • Onra – One for the Wu (alternate Version with ODB)
  • Andy Stott – Night Jewel
  • Claro Intelecto – New Dawn
  • G.H. – Earth
  • Nosaj Thing – Light #1 (Take Remix)
  • Hyetal – Beach Scene
  • Hate – Darkcore
  • Scuba – July
  • Smallpeople – Kind of Green

Frühling

  • CFCF – Arctic
  • Das EFX – Mic Checka
  • John Roberts – Crushing Shells
  • Claro Intelecto – Reformed
  • Pachanga Boys – Time
  • Army of God – Salvation (Spaventi d’Azzurro Remake)
  • Einstürzende Neubauten – Meyou & Youme
  • Oskar Offermann – Drive me Home please
  • The Rolling Stones – Jumping Jack Flash
  • DMX Krew – East Side Boogie
  • Palisade – 18:30
  • Einstürzende Neubauten – Selbstportrait mit Kater

Sommer

  • The Hundreds in the Hands – Keep it Low (Andy Stott Remix)
  • The Sight Below – Life’s Fading Light (Pantha du Prince Remix)
  • Chet Faker – No Diggity
  • Scuba – Never
  • NZCA/Lines – Nazca
  • Quasimoto – Broad Factor
  • T. Keeler & Capablanca – Acido (Name in Lights RMX)
  • Ital Tek – East District
  • The Dharma – Plastic Doll (Instrumental Version)
  • JJ Doom – Guv’nor
  • Todd Terje – Inspector Norse

Herbst

  • Einstürzende Neubauten – Ich gehe jetzt
  • Studio – Life’s A Beach! (Todd Terje Beach House Mix)
  • Yør – Rushed
  • Steffi – Schraper
  • Jan Jelinek – They, Them
  • Fort Romeau – Kingdoms
  • Andy Stott – Luxury Problems
  • Reverso 68 – Piece Together (Todd Terje Spinning Star Remix)
  • Hate – Pretty Boys Don’t Survive Up North
  • Beacon – Feeling’s Gone (Fort Romeau’s Shibuya Edit)
  • Joy Division – Transmission (1980 Martin Hannett Session)
  • Andy Stott – Sleepless

Winter

  • Covenant – Void
  • Kreidler – Deadwringer
  • Einstürzende Neubauten – Redukt
  • Andy Stott – Edyocat
  • alva noto – uni rec
  • The Soft Moon – Zeros
  • Redshape – Kung Fu
  • K.Flay & Michna – LA Again
  • Jane – Slipping Away
  • The Soft Moon – Lost Years
  • Bauhaus – Dancing
  • Method Man & Raekwon — Meth vs. Chef

Es gibt eine Spotify-Playlist, der einige der besten Tracks fehlen.

Sets

Die Platten des Jahres zu bestimmen, sie aufzuzählen und zu veröffentlichen, als seien sie ein Höhepunkt, ein Abschluss – es ist wohl eine entlarvende Eigenheit meiner Generation. Zwölf Monate Gewohnheiten protokollieren und Situationen notieren – das ist sinnvoll, wenn es am Ende beschränkte Plätze zu besetzen gilt: Die besten fünf, 640 Kilobyte, zwei 5¼ Floppys. Sich zu beschränken, diese und diese nicht, ist eine Reaktion auf beschränkten Raum und beschränkte Zeit.

Wenn es um Musik geht, sind wir nicht zum oder gezwungen, sondern zum und. iTunes-, Spotify-, Rdio-Playlists sind von Natur aus inklusiv, nicht exklusiv. Das ist schade, weil es Streit vermeidet. Urteilsfreiheit macht schlechte Partys und kleinste gemeinsame Nenner. Das kann und soll nicht unser Ziel sein. Sondern Spezifik, Subjektivität und Verschiedenheit.

Darum nenne ich auch für das dreißigste Jahr meines Lebens fünf Platten, die wichtig und gut waren. Weil sie etwas neues gesagt haben, oder etwas altes auf neue Weise. Weil sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren (wie The Soft Moon) oder einfach immer und überall (wie Claro Intelecto). Sie sind die fünf besten Platten des Jahres 2012.

  • NZCA/Lines – S/T

    Ende dieses Jahres stellte ich fest, dass Apple das sehr schöne Artwork von Non-Format für eine iPod-Kampagne verwendet. Ich musste lächeln und an den Frühling denken, als die beste Popmusik-Platte mal wieder bei Lo Recordings erschien. Ihr Groove ist ebenso löchrig wie blitzsauber produziert, so eingängig und subversiv – in einer geschmackvolleren Welt müsste Michael Lovett große Sporthallen ausverkaufen.

  • Shed – The Killer

    Im August schrieb ich über die dritte LP von Shed und stellte fest, dass hier eine Verdichtung stattgefunden haben muss. Die Intensität dieser Platte ist hoch. Es ist Musik für die Nacht, wenn noch nicht alles getan ist, wenn noch etwas gebaut und gedacht werden muss. Ich hatte gute Ideen, während Day After im Studio lief. Laut und klar, entschlossen, geschlossen. Mit einem Outro-Track der wie gemacht dafür ist, zu Hause anzukommen.

  • Claro Intelecto – Reform Club

    Kein Ort, den ich in diesem Jahr besuchte, begegnete mir ohne diese Platte. Und würde ich nur ein Album für 2012 nennen, es müsste es wohl dieses sein. Claro Intelecto haben den Flow meines Jahres beschrieben – dubby, staubig, in mittlerem Tempo, mit Nachdruck. Blind Side, Second Blood und insbesondere It’s getting Late gehören in die warme Luft und die dunklen Straßen des Mission District, zum Taxi auf der Sonnenallee, zum Fußweg aus dem Studio nach Hause. Ohne dieses Album ging ich nirgendwohin, in diesem Jahr.

  • The Soft Moon – Zeros

    Dieses Album müsste die Platte des Jahres sein, nach allen Kriterien. Sie ist entschlossen, intensiv, simpel in ihren Mitteln, aus einem Guss, unantastbar, ein Monolith. Doch ignorieren wir ihre Geschlossenheit, ihre perfekte Dramaturgie – denn sie enthält das beste Stück gitarrenbasierter Musik, das ich seit Jahren gehört habe: Zeros, der Titeltrack. Ich bin versucht, ihn in jede Playlist zu integrieren, in jedem Set zu spielen. Jede und jeder sollte diese Demonstration von Konsequenz und Groove gehört haben, seine unnachgiebige Schönheit und die Schmerzen, die er verursacht. Dieses Album entspricht präzise meinem ästhetischen Empfinden, es macht wachsam, es schärft den Blick. Es hätte die beste Platte dieses Jahres sein sollen.

  • Andy Stott – Luxury Problems

    Doch ich musste kapitulieren vor diesem Album. Andy Stott gehört seit zwei Jahren zu meinen meistgehörten Musikern, seine EP Let’s stay together war für mich die Platte des Jahres 2011. Doch als dieses Album im November erschien, hatte mich nichts auf diesen stilprägenden Entwurf von elektronischer Musik vorbereitet. Ihr dekonstruierter, industrieller, poppiger, jawaseigentlich-Sound klang wie nichts, das ich zuvor gehört hätte – trotz der vielen Zitate, der Samples und Verweise auf vorige Releases, die ihn ausmachen. Dieses Album ist ein wichtiger, interessanter, Perspektiven definierender Beitrag zum ästhetischen Diskurs. Es wird dieses Jahr und sein Jahrzehnt überdauern.

Weiterhin erwähnenswert: Fort Romeau – Kingdoms, Oskar Offermann – Do Pilots still Dream of Flying?, Jane – Berserker, Scuba – Personality, JJ Doom – Keys to the Kuff, Hyetal – Broadcast, Einstürzende Neubauten – Perpetuum Mobile, G.H. – Ground

De Young

It is as black as Malevich’s square / The cold furnace in which we stare / A high pitch on a future scale / It is a starless winter night’s tale / It suits you well