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The World is allegedly actively Tragic

Es gab einen Moment in den nicht mehr ganz frühen Zweitausendern, in denen die Auflösung der populären Kultur eine geradezu schmerzhafte Schärfe angenommen hatte. Alles schien auf zwei Dimensionen reduziert: Musik, Fotografie und Kleidung wie Onyx, körpernah, monochrom und ohne jede wahrnehmbare Tiefe. Kein Sub und kein Rauschen, und wenn, dann nicht das vielfarbige All1, sondern Chord picking, dünne Hosen, dünne Jungs und weißes Filmkorn bei 1000 ASA.

Ich war für eine Sekunde befremdet und dann hin- und mitgerissen, als das kürzlich zurück in 2019 stürzte. Schuld ist, ach was, Hedi Slimane. Für Celine hat er einen Weg gefunden, die Schärfe, die er in Fotografie und Kleidung vor 15 Jahren definiert hat, wieder anschlussfähig zu machen. Dabei geht es natürlich zuerst um Musik und dann um alles andere. Es geht um das Mixed-Media-Kollektiv Crack Cloud.

Diese Band führt einen Take auf die hochverdichtete Präzision der Zweitausender auf. Sie spielen nicht als hätte es die Strokes nie gegeben, im Gegenteil: Crack Cloud sind die comichafte Riesenübertreibung der Strokes. Diese maximale Angespanntheit, diese gezuckten Riffs und die antrainierte Oxford-Performance sind allesamt so drüber, dass man das 2019 ausschließlich gut finden kann.

Und bei allem Gepose ist es letztlich die große Klasse, dieser krasse Skill, den man kaum sehen soll, hinter all dem Affekt. Es ist also alles, wie es sein muss, in einem Glaskasten an der Seine, und auch auf den Straßen in deiner Stadt. Man muss sie hinuntergehen, zu Drab Measure, dem Hit der Stunde, und sich jung und neu fühlen, als sei man niemals niedergeworfen worden.


  1. Also die Hintegrundstrahlung in der Welt von Basic Channel, in der Weite und der Raumbezogenen Musik, im Dub. 

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