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Was mir nicht gehört

Die folgenden Texte habe ich am 15. April 2020 im ISLAND gelesen, als Teil der Aktion Fill the Void, die der weltmiserebedingten Leere des Veranstaltungsortes entgegenwirkte. Ich habe allein getrunken, gegessen und gelesen, in einem Anzug aus Wolle. Zwischen den Texten habe ich Musik abgespielt, die Playlist am Ende dieses Eintrags.

Nützlichkeit
Schönheit
Bestand
Dauer
Architektur

drama 2
das ist und bleibt so. was dir zustößt ist für dich wichtig. was dir zustößt ist wichtig für dich. wenn du es aber erlebst? dann rede ich drüber. mit wem redest du drüber? manchmal hört mir einer zu. der nichts zu tun hat. und dann hast du drüber geredet. ich habe es erzählt. stimmt denn das, was du dir erzählst? natürlich weiß ich, daß es nicht stimmt. also, du lügst dich an? nein, du verstehst mich nicht. ach, du weißt nicht, was du dir erzählst? doch doch. also lügst du nicht? natürlich nicht, aber ich weiß, daß es so, wie ich es erzähle, nicht gewesen ist und nicht ist. warum erzählst du es dann, wenn es nicht stimmt? ich meine manchmal, es stimmt schon, wenigstens ungefähr. aber dann weiß ich es wieder besser, ich fühle das, sehr deutlich. aber dann erzähle doch einfach ganz genau, was du fühlst und was du weißt. du hast mir ja gar nicht zugehört. wenn man sich mühe gibt, dann kann man auch sehr komplizierte sachverhalte sprachlich ausdrücken. aber dann gehören sie mir nicht mehr. willst du nicht teilen? ich kann nicht erzählen, was mir nicht gehört. so hat es mir nie gehört, wie ich es erzählen könnte. du mußt nur wollen, du mußt dich bemühen. du verstehst mich nicht. gehört dir das, was du sagst, wenn du sagst: ich verstehe dich nicht? du sprichst nur, mehr nicht. und du erlebst etwas, dahinter, hinter dem reden? nein, du versehst mich nicht und du verstehst dich nicht. du bist anmaßend. ich bin nur traurig, aber ich bin nicht traurig, weil es sinnlos ist, traurig zu sein und weil ich das weiß. du hast nichts begriffen. (nickt, wortlos, aber nicht traurig) (Schmidt)

Sokrates: Es ist also vernünftig zu denken, daß die Schöpfungen des Menschen entweder im Hinblick auf diesen Körper gemacht sind, und diesen Grundsatz nennt man die Nützlichkeit, oder im Hinblick auf seine Seele, und hier handelt es sich um das, was man unter dem Namen Schönheit meint. Anderseits aber muß der, der baut oder schafft, da er es mit dem Rest der Welt zu tun hat und mit der Bewegung in der Natur, die immerfort bemüht sind aufzulösen, zu verderben und umzustürzen, was er hervorbringt – ich sage, es muß ein drittes Prinzip anerkennen und muß versuchen, dieses seinen Werken mitzuteilen als einen Ausdruck des Widerstands, den sie ihrem vergänglichen Geschick entgegensetzen sollen. Er sucht also den Bestand oder die Dauer.

(Paul Valery, Eupalinos. Paris, 1923.)

Abteilung Worte
gauntlet
gambit
transat
datascape
synaptic dust
the dust gods
involuntary parks
shinzui
seriously untethered noetics
virtuecore
house of dust

The work – The idea that all of your doing, including the studio, the way the light falls into it, your tools, the arrangement of it all, your unused material (the work you yet have to do) – it all is the actual work, the work of your life, it is the things you are about, die dinge die bei dir vorkamen. your meta-work is your actual work. The pedestals matter as much as the artworks they support.

Liste 3
Zwang
Einführung
Grundlagen
Gründ(e)
Beweis(e)
Zusammenstellung
Kombination
Wiederholung
Tatsachen
Protokoll
Kollektion
Geißel
Funktion
Statik
Einsturz
Bauweise
Konstruktion
Struktur
Fundament
Material
Dokumente
negative Beispiele
Zeugen

I’m not into fun, I’m into concentration.

(Der Text von Haus der Lüge.)

Die undifferenzierte/nicht-dychotome, unabschabschaltbare Arbeitsfähigkeit (und ihr endlose Arbeitswille) der Algorithmen reflektiert die entscheidende Eigenschaft des Kapitalismus, die ihn über alternative Organisationsformen hat triumphieren lassen: Der Einschluss der Verneinung. Wenn es nicht um eine Leitdifferenz geht/wenn es nicht um Inhalte geht, sondern um Effizienz, ist auch Kritik in erster Linie eine Ressource für wirtschaftlichen Erfolg. Die Ablehnung des Kapitalismus zu einem vermarktbaren Produkt zu machen ist die rekursive Auflösung jeden Widerspruchs durch Einschluss in die Effektivitätslogik. Dass der Kapitalismus, und in seiner Folge der Algorithmus, seine eigene Verneinung einschließt (Abstand nehmen vom Algorithmus heißt, ihm rückschlussfähige Daten zur Verfügung stellen, man kann nicht nicht kommunizieren, man kann nicht nicht gelesen werden), ist der Grund für das Ende der Geschichten und Diskurse, und, in mittelbarer Folge, dem Rückzug ins Immaterielle und dem Beginn des Raubbaus an der letzten existierenden Ressource: Bedeutung.

große störungen entfernen sich und machen platz für eine lange ruhige und gerade linie die sich auf eine sehr stabile weise in die zukunft bewegt.

Was it eine Diva? Eine Diva ist eine Person, die Bedingungen unterliegt, die Außenstehenden nicht unbedingt klar sind. (Bargeld)

Selbstdisziplin und Intensität sind berauschend, und berauschende Dinge darf man nicht übertreiben, sonst spürt man sie nicht. Langsamkeit, Intervall, den Kick der Disziplin rationalisieren. Mit den Jahren wird klar, dass diese Worte nicht das Gegenteil der Agenda sind, sondern ihr Endgame. Totale Intensität und völlige Ruhe als Einheit der Differenz, しんずい (Shinzui), following the material and guiding it at the same time, until coherence emerges organically.

L.A. is the apocalypse: it’s you and a bunch of parking lots. No one’s going to save you; no one’s looking out for you. It’s the only city I know where that’s the explicit premise of living there – that’s the deal you make when you move to L.A. The city, ironically, is emotionally authentic. It says: no one loves you; you’re the least important person in the room; get over it. If you can’t handle a huge landscape made entirely from concrete, interspersed with 24-hour drugstores stocked with medications you don’t need, then don’t move there. It’s you and a bunch of parking lots.

Los Angeles is where you confront the objective fact that you mean nothing; the desert, the ocean, the tectonic plates, the clear skies, the sun itself, the Hollywood Walk of Fame – even the parking lots: everything there somehow precedes you, even new construction sites, and it’s bigger than you and more abstract than you and indifferent to you. You don’t matter. You’re free.

(Geoff Manaugh, Greater Los Angeles. BLDGBLOG, 2007.)

Playlist

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