electricgecko

Dezember

Groove, die geologische Vertiefung, der Einschnitt in den Fels, aus der Nähe betrachtet auch der Einschnitt ins Vinyl. Groove, die rhythmische Qualität einer Musik, der diamantene Schnitt in die Wahrnehmung. Die Bedeutungen zerfallen in der Musik und den abstrakten Gebirgen des Planetoiden Noctian Airgap, eine LP, eine halbe Welt in Schieflage.

Entweder ist hier alles auf minus acht gepitched oder etwas stimmt nicht mit der Gravitation in diesem Release: Alle Dinge hier scheinen groß, nah und träge. Unfassbare Massen, die sie umgebene Zeit verzerren, in galaktischen Dimensionen rotierend. Dennoch ist diese Musik jederzeit nah, es scheint als könnten wir ihre Oberfläche berühren; es scheint Wärme von ihnen auszugehen. Diese Objekte sind vollkommen anders als die hyperaktiven, organischen Nadeln früherer Platten von Hesaitix. Bei aller Nähe nehmen wir diese Musik nur mittelbar war, durch ein spezielles Observerationsdevice, das nicht zur eigentlichen Platte zu gehören scheint. Ein akustisches Tool, das mehr und weniger in den Vordergrund tritt, dessen Statusleuchten und Intervallsignale uns in der schief liegenden Zeit orientieren (c.f. Gezeiten).

Suddenly, intersubjectivity strikes simply and beautifully: birds, the sun, cars, a forlorn voice remains to remind us of the vast dark galaxies we momentarily left behind (Dark Lines). Dann setzt sich die Examinierung erfundener Felslandschaften fort, ein tastendes Echo durchmisst Krater, Spin-State, Stringtheorie (Anticrime), kühler Echtzeitkommentar wird zum verschobenes Echo, da waren wir kurz abgelenkt, Trip Hop, Sounddesign, Moment, Kruder & Dorfmeister (Subdermal)? Hypersea: Ein Gewitter über dem Ionenmeer von der Küste einer Insel aus gesehen, ein Wolkengebäude in Slow Motion.

Diese Platte ist eine große Tour, eine Erkundung abstrakter Schluchten, ohne jede Bodenhaftung, zugleich vermutlich die eingängigste Musik, die M.E.S.H./Hesaitix je programmiert hat. Dieses ist das späte fantastische Album im Jahr 2024. Wenn wir wollen begleitet es uns raus, über die Kante ins All und tiefer in die unabsehbar bis auf Weiteres verzerrte Zeit.

Nothing
in the world
is usual today.
This is
the first morning.

  • Izumi Shikibu (976)

November

Wenn das Leben eine bestimmte Kurve beschreibt, erreicht es für einige Sekunden den Scheitelpunkt dieses oder jenes Momentums, und während sich die Gravitation verlagert und das Selbst durchfließt, entsteht für einige Sekunden Schwerelosigkeit (auf dem Dach des Museums: Sechs orange Wolken, Popcorn, ein Kran und der Turm, der aussieht, als sei er von Kenzo Tange gestaltet, an der Straße, die in die Vergangenheit führt). Die Universen tun sich auf und auch die Zeit, und alles ist gleichzeitig sichtbar, jede aufgewendete Energie, jede verbrauchte Zelle, alle Abstraktionen sind konkret. Hier bist du hingekommen, gefüllt mit allem, das du getan und gedacht hast. Von hier an, weiter.

The unremarkable times, the times that will vanish from your memory. The days unaccounted for: chores, places, encounters and commutes. You saw something remarkable today, gazing across the icy lake, a particular definition of matter and energy in all known and unknown universes. You sat with it for a moment, then it vanished (there was nothing). You took no note, you grew no new synapses. All this time, burning the finite amount that is you, turning it into the most beautiful waste. Love is inhabiting the unremarkable times.

And: my fondness for shadows, for not being able to really discern all detail. Another complexity reducer, darkness like a drug, the dust of fallen angels mercifully covering my cognitive world.

Wie schön sich der Stoff an den Armen zusammenschiebt und rafft, wenn der Bund zum Ellenbogen geschoben wird. Das Layout der Taschen: eine Innentasche nach außen verlegt, zugänglich und verschlossen durch einen inneren Reißverschluss, eine zweite Innentasche in der Position eines Holsters, Seitentaschen mit zusätzlichem Stauraum auf der Rückseite. Diese Jacke ist aus einem Twill gefertigt, dicht gewebt wie man es aus der Berufskleidung von Sicherheitspersonal kennt. Das eng verdrehte Garn hat einen blauen Glanz, der nicht zur sachlichen und handfesten Natur des Kleidungsstücks passen mag.

Das Volumen dieser Jacke trennt sie gänzlich von ihrem französischen Ursprung und versetzt sie in die Nähe drapierter, zeremonieller Kleidung. Wenn nur der einzelne Druckknopf geschlossen ist, fällt die kragenlose Front auf eigentümliche Weise rund und gradlinig zugleich, wie die Robe eines Mönchs, dem physische Auseinandersetzung nicht fern ist.

Die Unverbundenheit von Sprache und Welt war mir schon immer bewusst: Die Realität dreht und wendet sich in der Sprache, wie ein Tier in seiner losen Haut, um ihren Jägern zu entkommen.

The disconnect between language and the world is evident to me: like an animal loose in its skin, reality twists and turns within language to escape its predators.

Flying Lotus‘ Los Angeles, released in the most beautiful and condensed, the most spiritual year of 2008, remains relevant as ever. When listened to in the comfortable, drawn-out, dreamy summer that is the year of 2024, it exudes gravity and deep-rootedness. This record is timeless. Not in the common way of untethered minimalism, but in an earthy way. It is dark-toned, heavy, warm. It cradles and carries the souls of Jazz and the legacy of its displaced inventors and tinkerers.

The Los Angeles double LP marks time like a monument: Observable from afar, from all directions. With the right kind of eyes, you could have foreseen this record the moment A Love Supreme was first released, and you can still see it from here and now, towering next to Dilla and the fucked up MPCs of 1992. It cut the weirdness and weight of a generation into soft vinyl.

This record is too intelligent to be destroyed by wide appreciation, too entertaining and tapelike to become petrified in any canon. Finally, its cover, forever among the sculptures of modernity, a solution to all questions, one of the great images1 of the time that was mine.


  1. Gestaltet von Build, die mal einer der Horizonte waren, die nie erreicht wurden, zugunsten der Horizonte anderer, erfundener Planeten. 

Oktober

Der Geruch von Rauch liegt über der Insel, das Meer im Wind. Schwarz, grün, opal, weiß. Salz permanent auf Lippen und Haaren. There is no fish shop on these islands. You know someone that knows someone.

Faroe, in perpetual hazy, wet, storm-swept suspension in void. A rock in space, all the beauty and all the rawness, and everything is as direct as possible. The malte thing, old and new, at once, rendered as island.

Atras a montanha, os edifícios. Atras os edifícios, o mar.

Travel, the third kind. Being here is less about travelling in italics, rather about being somewhere else. A micro-period, otherwise unpaused. Doing what one does, altered by incidents and customs, life’s general shape and psychography remaining as they are. It is a state that produces new lines of inquiry, and the pursuit of interests unique to a temporary environment, but their shape and weight is similar to one’s, italics, regular life. Spending time near the Trentino threshold with regular intent, as every day, as every place. Later, one will say that one went about one’s business here, reading, writing, corresponding, minding work and minding self. A time abroad, Bildungsreise, Totenschutz, auch ich in Akardien.

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