Die Kids haben das Vakuum entdeckt das in New York entstanden war, zwischen Post-punk und Electroclash, dann zwischen Le Tigre und Radio 4. Vieles war nichts, und in diesem Nichts hielten wir uns auf. Die Parties waren stressig, die Musik riss an uns und wir wiederum rissen an allem anderen. Heitere Generalablehnung schien eine brauchbare Option zu sein. Aus den vielen Morgen danach breitete sie sich in unser Leben aus, und mit ihr der Stress und die Düsternis, weil es ästhetisch verführerisch war: Tight, jung, geladen, Amphetamin in allem. Später wich es der langen Übung der Balance, erst unmerklich, dann mit zunehmenden Erfolg. Die Energie blieb, wir verteilten sie gleichmäßig auf alle Seiten als Rotationsmasse, so dass der Überschwang nunnmehr Momentum ist, und Aggregat. Ich schweife ab.
Nun also Fcukers, die Schreibweise wie dieses vergessene Modelabel, das es zur erwähnten Zeit mal kurz gab, und die Musik des Vakuums. Die Kids haben sie wie eingangs gesagt also entdeckt. Sie haben Fragen: Kann das komplexer sein? Können wir das anzünden? Können wir uns nach vorne lehnen, in eine Zukunft? Die resultierende Musik ist so nachlässig und abschätzig wie ihre Vorbilder – aber zugleich ausgecheckter, geformter, berechneter. Shannon Wise’s zurückgelehnter, can’t-be-bothered Gesang1 hat daran großen Anteil; slick ist halt hot, und der Markt ist hart. Diese Generation weiß mehr als wir wussten und was wir zu verlieren hatten, hat sie verloren. Es ist wenig überraschend, wie schnell und professionell sie auf alle Umstände reagiert. Anders als viele Zeitgenossinnen verlieren Fcukers sich dabei nicht in der ausweglosen Festung der Ironie, sondern füllen die Distanz zum Vakuum der Originale mit brauchbarem Material. Bossabreaks, Discobreaks, Sitcomskits, ihr sollt nicht langweilen.
All der Action liegt ein Fundament aus Respekt vor bassbasierter, afroamerikanischer Musik2 zugrunde. Das ist entscheidend, denn aller Coolness und allen Distanzgesten zum Trotz ist es dieses Wissen, das aus Bagg$$ eine EP mit ernst gemeinter und ernst zu nehmender Musik aus dem Jahr 2024 macht. Möglicherweise gefällt mir das aber auch alles nur, weil meine späte Jugend im Epizentrum der kulturellen Verwertung angekommen ist und ich für fünf Minuten etwas mit der Gegenwart anfangen kann, crew cut, copy-paste, homie don’t shake.
- Fcukers – Baggy$$, EP, Technicolour, 2024