electricgecko

März

Sachinformation: Ab Mittwoch werde ich etwas sehr vorhersehbares tun; ich nehme an der re:publica 09 Teil. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit eines zufälligen Zusammentreffens in der Nähe der Veranstaltungsorte Friedrichstadtpalast und Kalscheune rapide an.

Ich bin mir noch nicht ganz sicher, welche Panels ich besuchen möchte – aber ich werde mich sehr wahrscheinlich beim 4chan-Talk, der Hype Machine, beim Mashupthema und selbstverständlich bei Cory Doctorow herumtreiben. Alles andere wird Zufall, Treibenlassen und Durcheinander. Ich freue mich aufs Händeschütteln, Zuhören und Rumlaufen. Schubst mich um, falls ich zwischen morgen Abend und Freitag zufällig wie taub und blind an euch vorbeilaufe!

Ich werde das Wochenende und einige Tage drumherum in Berlin verbringen. Daniel, ich und unser ortloses, ausschließlich aus bekritzelten Zetteln und Milchkaffee bestehendes Webstudio werden die Orte dieser Stadt auf ihre Arbeitsplatzfähigkeit hin testen. Wir werden uns Gedanken machen, Limonade trinken und uns überlegen, was wir zum Web beitragen können. Berlin soll uns über die Schultern sehen, Steckdosen und kabellose Netzwerke zur Verfügung stellen und ansonsten vor allem das tun, was es am besten kann: inspirieren.

Am schönsten ist es, etwas Neues anzufangen. Vorläufig zu handeln und mittendrin alles wieder umzuwerfen1. Mit dem Web und im Web zu arbeiten ist ein großer Luxus. Weil Fehler nichts kosten, weil niemand verletzt wird, weil du nach einer Woche oder zwei Jahren alles wieder verändern kannst. Weil du das spätestens dann tun musst. Wir werden umwerfen und wir werden uns etwas Neues ausdenken.

Wer Lust hat, uns irgendwo auf einen Kaffee besuchen zu kommen, mitzugestalten, mitzucoden ist herzlich eingeladen. Wir freuen uns über Pings und Heyheyyeahs durch die angegebenen Kanäle. Die Überschrift erscheint mir im Nachhinein etwas pathetisch. Nun ja.


  1. Alles endgültig vorläufig, alles nur vorläufig endgültig. SJS. 

Dass der seit Langem zum Bureau angewachsene Gestalter Mario Lombardo konsequent herausragende, manchmal atemberaubende Arbeit abliefert, ist nicht neu. Seine jahrelange Art Direktion für Spex, zwei herrliche Plattencover und diverse Tourplakate für die Gruppe Fotos, weitere Cover und Artworks für das inzwischen verloren gegangene Label Labels und zuletzt die Liebling – diese Dinge sind Dokumente eines visuellen Status Quo, das Mario Lombardo erst aus Köln, dann aus Berlin maßgeblich mitbestimmt hat.

Man durfte erwarten – oder zumindest hoffen – dass das Bureau wie viele andere Editorial-Designer am Web dauerhaft scheitert. Dem ist nicht so. Die neue Präsenz des, Achtung, Bielefelder Kunstvereins ist eine der wenigen Websites, die sich extrem hochwertig anfühlen und gleichzeitig dem ärgerlichen Plastikzuckergussmainstream zeitgenössischen Webdesigns widersetzen. Dass die Plakate ebenfalls ganz wunderbar sind, ist naheliegend.

Die Gestaltung tut alles, was eine Website dieser Art tun sollte. Sie erzeugt große visuelle Spannung. Sie ist so simpel wie möglich. Sie findet die einfachste und schönste Lösung für ihre Layoutfragen, wie der Umgang mit Fotografien in den Bereichen Ausstellungen und Institution beweist.

Das Video-Interview mit Mario Lombardo im Folge Mag ist zwar schon etwas älter, aber immer wieder mit Gewinn anzusehen. Der sehr gute Titel dieses Eintrags ist von der alten Website des Bureau gestohlen.

Februar

Als Begriff der Physik liegt Horror Vacui, die Angst vor dem Nichts, gemeinsam mit anderen schillernden Vorstellungen (Gegenerde, N-Strahlen) inzwischen auf dem nicht eben kleinen Kurioses-Stapel der Wissenschaftsgeschichte. Super Auskennerwissen, soweit.

Einer der größten zeitgenössischen Generalauskenner ist Shaun Inman, vor allem in den Disziplinen Javascriptzauberei, Webgestaltung und Unfassbar Gute Applikationen Produzieren.1 In Kürze erscheint sein erstes Spiel namens Horror Vacui (und zwar für das iPhone beziehungsweise den iPod Touch). Wie gewohnt hat sich Shaun Inman dazu einige wenige, aber genau die richtigen Gedanken gemacht. Das Ergebnis basiert auf dem Gegensatz der Elemente Feuer und Wasser – und dem Faktor Temperatur. Simples, smartes Spielprinzip, großartiges 8-Bit-Artwork, Blindkauf.

Update: Horror Vacui liegt im App Store zum Kauf bereit.


  1. In erster Linie Mint und bald Fever 

Januar

Liebe Modebloggerinnen! Wir mögen euch. Weil ihr einen spannenden ästhetischen Diskurs führt, der das Thema Kleidung netzadäquat verhandelt und voranbringt. Weil es hübsch anzusehen ist, wie ihr die Füße eindreht und die engen Acnejeans tragt. Wir stehen gern mit euch auf der Vernissage oder anderen halbglamourösen, vollfiktionalen Gelegenheiten zusammen, bei denen andere die teuren Getränke bezahlen.

In unseren 95 79 Prozent Echtleben möchten wir aber lieber auf Mädchenfüße in High Tops, Limited Edition Vans und verschrumsten Lederschuhen schauen. Becks mit euch trinken und uns gemeinsam die eine oder andere gute Kleidungsidee von Lookbook klauen.

Schnürt die Schuhe, schickt Fotos an das großartige Sneakergirlsblog, lehnt euch an Tresen. Oder an uns. Wir lieben euch, Sneakermädels.

Launchen und dann liegen lassen, ist man ja nicht anders gewohnt. Die viele schöne unverbrauchte Zeit verschwende investiere ich momentan zu gleichen Teilen gemeinsam mit Daniel im Maschinenraum von Was mit Medien sowie mit einigen Bugfixes hier. Letzteres erfolgreich: seit gestern Abend ist auch der Feed wieder alive and kicking.

In der Zwischenzeit könnt ihr ja mal beim funkelblitzenden Stay Indie don’t be a hater vorbeischauen und euch etwas guten Musikgeschmack abseits der Elektronik abschauen. Was Dani und Kate da drüben machen hat Hand und Fuß und Beat und Wumms.

Dezember

Man soll ja immer anfangen, wenn’s gerade am schönsten ist. Während andere auf das Jahr zurücksehen, blicke ich kühn nach vorn und schaue, was sich dort zeigt. Bevor das Jahr morgen endet, beginne ich noch schnell etwas neues. electricgecko.de ist zurück. Ich habe mich bemüht, eine Hamburger Form meiner persönlichen Seite zu finden. Eine Form, die zu veränderten Umgebungen passt, zu anderen Tagen und neuen Nächten. Weil ich tatsächlich so albern bin, es ernst zu meinen mit dem Nichtanhaltenwollen und der permanenten Suche nach einem eigenen Ausdruck.

Die letzte, die dritte Version der Seite musste weg, weil sie wie ein schöner Basaltbrocken im Weg nach vorn gelegen hat. 2008 hat sich an ihr vorbeigeschoben, sie uninteressant gemacht. Die neue, die vierte Version wird wieder eine Weile Schritt halten. Ich bin gespannt, was das Jahr und Hamburg und Ihr und ich mit ihr anstellen werden. Die Kommentare sind offen.

Was ich mir bei der neuen Gestaltung gedacht habe, warum man nichts mehr wiederfindet und wie die Form den Inhalt bestimmen wird, habe ich in einem eigenen Eintrag aufgeschrieben.

Wie es hier aussieht! Ja, aussehen tut es, und zwar anders als vorher. Ich sollte das erklären. Als ich die letzte Version von electricgecko.de im Sommer vom Netz genommen habe, war es vor allem die starre Formatierung als Weblog, die mich gestört hat. Längere Texte sahen gut aus, alles Andere war mehr Behelf und Fensterkitt. Diese Version ist eine Weiterentwicklung der letzten, sie ist in einiger Hinsicht die konsequentere Umsetzung einer ähnlichen Herangehensweise: Struktur, Kopf und Fuß der Seite sind (natürlich) aus ähnlichen Elementen aufgebaut. Allerdings verzichte ich ausnahmslos auf Dekoration. Keine schönen Bilder, keine Tapetenmuster, keine Schnörkel, nichts dergleichen. Einzig der Inhalt darf funkeln und blitzen, und zwar nicht nur als Inhalt, sondern auch in seiner Präsentation.

Aus meinem Ärger über mein altes Journal hat sich schnell die Idee für die neue Version ergeben. Der Content soll flexibler, interessanter und angemessener präsentiert werden. Das ist nicht mehr als das Prinzip klassischen Editorial Designs; erzähle eine Geschichte durch strukturierende Gestaltung und konsistente Organisation von Informationen. Dieses Vorhaben stellt sich im Web ohne luxuriöse Möglichkeiten hinsichtlich Typografie, Raum und Präzision deutlich schwieriger dar. Schlimmer: Regelmäßig aktualisierte Websites (~ Weblogs) formatieren ihre Beiträge in der Regel nach einem festen Schema. Diese Form der Serienproduktion zu umgehen, ist schwer – zumindest, wenn man nicht wie Jason Santa Maria jedem Eintrag eine eigene Art Direktion angedeihen lassen will (die in seinem Fall kontinuierlich unfassbar gut ist).

Solche Ambitionen hege ich nicht. Trotzdem habe ich nach einem Weg gesucht, verschiedene Textsorten und unterschiedliche Arten von Fotos auf die ihnen angemessene Art zu zeigen – eine Sache, die ich an Tumblr sehr schätze. Um eine für WordPress handlebare und visuell ansprechende Methode zu finden, habe ich zunächst einmal diverse Notizbücher haltlos vollgeschrieben. Anschließend eingesehen, dass es so nicht geht, mich einen Spätsommersonntag lang hingesetzt und ein einfaches Gestaltungsraster entwickelt. Der große Hype um rasterbasiertes Webdesign ist ja inzwischen durch1, so dass man sich statt um How-Tos und hochglänzende Fertigframeworks nun endlich wieder um seinen Zweck und den praktischen Einsatz kümmern darf. Das neue Raster setze ich auf allen Unterseiten konsequent ein. Für das Journal bedeutet das: es gibt vier Layouts für verschiedene Inhalte, die die Optionen des Rasters jeweils unterschiedlich nutzen. Jetzt, zum Launch, sind drei dieser Layouts auf der Startseite zu sehen.

Mir ist bewusst, dass das Ergebnis des Redesigns visuelle Ecken und Kanten hat und in manchen Punkten vielleicht sogar kontraintuitiv ist. Ich habe lange versucht, diese Dinge besser auszubalancieren. Jeweils mit dem Ergebnis, dass mir der Look danach nicht mehr gefallen hat, weil er an Entschlossenheit und Spannung verloren hatte. Also bleibt es, wie ich es mag: kantig und vertrackt und simpel. Mit electricgecko.de halte ich es wie der Pudel Club an der Theke: Es gibt was es gibt.

Was es gibt:

  • Eine Seite für Projekte, die zu gleichen Teilen mit Ideen, Gestaltung und Programmierung zu tun haben.
  • Andauernd auf unterhaltsame und verwirrende Weise wechselnde Farbschemata. Mehr dazu bald.
  • Monats- und tagbasierte Archivseiten.
  • Kaum erkennbare Metalinks zu jedem Eintrag.
  • Fließtexte in Palatino.
  • Fußnoten.

Was es nicht gibt:

  • Ein Portfolio, weil ich als Inhaber einer Festanstellung momentan nichts herzeigen muss.
  • Eine eigene Seite für Fotos, weil ich im Journal zeige, was gezeigt werden muss und nichts besser funktioniert als Flickr.
  • Support und Bugfixing für den Internet Explorer.

  1. Mit dem Ergebnis, dass jetzt hunderte Seiten aussehen wie Subtraction

Neuere Texte über Netz