electricgecko

Mai

Der Stromkasten, auf dem ich saß, steht an der selben Stelle. Er war noch unbemalt, zu dieser Zeit, ein gelbgraues Objekt, einen Meter zurückversetzt vom Weg, zwischen den Bäumen am Rand der großen Straße. Die asphaltierten Fahrradwege gab es noch nicht, und die Spuren auf der Kreuzung waren unmarkiert. Es war ein warmer Tag, alle Arbeit war getan und es gab nichts als auf dich zu warten. Ich blickte den gepflasterten Weg hinab und in die Sonne, ich faltete mein Sakko neben mir. Vermutlich hörte ich etwas Untriviales ohne Gewicht auf Dial oder einen der Tracks von der Angst and the Money, die wahr waren, zu dieser Zeit.

Ich wusste immer, aus welcher Richtung du kommen würdest. Ich wusste wie du aufblicken würdest zu mir und meinem Kasten, wie du da stehen und was du tragen würdest. Du würdest einen deiner Sätze sagen und ich würde in einem meiner Tonfälle antworten. Einen Plan gab es nie, nur vollkommenes Verständnis das nie von Dauer war, und wir folgten diesen Abenden in ihre Nächte.

Wir füllten die Gegenwart und unser Leben füllte die Zukunft. Ich erinnere mich kaum noch an dich, aber ich weiß, wer ich war, wenn du da warst, zumindest zu Beginn.

Ja, der Riss der Welt geht auch durch mich. Sie endete am Hafen, weil alles immer am Hafen endet. Aber ich weiß, wo sie begann, wo der Stromkasten steht. Der Mangel ist unsere glänzendste Eigenschaft. Wir werden nichts erklären, nichts begründen, wir haben nichts verloren als unser Interesse.

Dezember

November

Unfähig irgendetwas als etwas anderes als Arbeit zu betrachten. Arbeit als Gemütszustand, als Weg, sich Dasein zu erlauben. Die Welt in Arbeit auflösen, die Welt als Arbeit einrichten. Arbeit und die Fragen: Ist es zu verantworten, jetzt nicht zu arbeiten? Wie lange kann man dann leben ohne dass das Universum hereinbricht und Tribut fordert? Ist es ein Katholizismus, der die Daseinsschuld aufgewogen wissen will? Protestantismus, der die Verweigerung des Lustprinzips zur Lust erklärt?

Es ist eine List (um sich zu umgehen), etwas großes in den Weg der Arbeit zu räumen, etwas das ihr ähnlich sieht, das stärker an ihre Rezeptoren bindet. Das sie besetzt und auslaugt, bis sich eine mittlere Intensität über alles legt und der Atem zu hören ist.

Und meine Unfähigkeit, Arbeit, wenn sie getan ist, als Triumph zu begreifen, sie auszustellen und davon zu erzählen. Allenfalls kann sie eingetragen werden in die Liste Getaner Dinge, aufgeführt im Resümee. In jedem Fall schnell vergessen und durch neue ersetzt, die Arbeit in Zeiten der Pest. (London)

Januar

On wearing wide black T-shirts with cut-off sleeves: Without sleeves, arms are bared, especially the pleasing section extending from the bicep, along the elbow to forearm. A wide, sleeveless shirt turns the upper body into a two-dimensional form – essentially a square – suggesting a mild inhuman abstraction and a graphical presence. Cutting the sleeves marks permanent ownership of the garment through inflicting it with personal codes and obsessions. Forcefully removing the sleeves adds an element of rawness, a camp brutality. It also ensures uniformity with other garments that have been treated similarly. Wide, black T-shirts with cut-off sleeves are the personal uniform covering my slender frame.

August

Schreiben ist Gestaltung, Schreiben ist ästhetisches Handeln. „Ich betrachte die Methode mit viel mehr Zuneigung als die Ergebnisse“, wie Paul Valéry sagt, und ich stimme zu. Es ist schwer zu leugnen zumal in dieser Publikation. Ich glaube an die Chance, etwas auf Weisen zu sagen, bei denen der Tonfall einen Unterschied macht: Text als Perspektive. Text im weiten Sinne, Text dessen formale Beschaffenheit wesentlicher Grund für Wahrnehmung und Innehalten ist. Poetisches Theoretisieren, zu einem gewissen Grad.

Web Design as architecture ist ein solcher Text. Es ist ein Vorschlag für eine einfache, aber interessante, holistische Perspektive auf die Gestaltung von Websites. Er geht zurück auf meine Unzufriedenheit mit dem Diskurs über digitale Gestaltung. Webdesign als Architektur zu denken, hilft mir zu verstehen, was Gestaltung in diesem Zusammenhang bedeuten kann – und dabei, dieser Disziplin ästhetisch und gesellschaftlich verantwortungsvoll nachzugehen. Es ist der Kern dessen, was wir bei WAF GMBH versuchen.

Ich habe aus diesem Vorschlag eine sehr einfache Website (http://www–arc.com) und einen deutlich komplexeren Are.na-Channel1 gemacht. Beide stießen auf eine gewisse Aufmerksamkeit. Auf Einladung von Grafill2, der norwegischen Assoziation für Grafikdesign habe auf dieser Grundlage einen etwas kohärenteren und weiter führenden Vortrag geschrieben, den ich im Mai in Oslo halten durfte.

Web Design as architecture, Promotional Visual

Mein Versuch, eine gleichermaßen programmatische wie pragmatische Argumentation für Web Design as architecture vorzuschlagen, hat zumindest meinem Verständnis dieser Idee gedient.

Grafill waren wundervolle Gastgeberinnen und Gastgeber, die Gespräche nach dem Vortrag und nicht zuletzt ein Besuch bei Snøhetta wirken bis heute nach. Auch aus den Gesprächen in Oslo heraus versuche ich, meine Gedanken bei Are.na weiterzuführen. Es gibt eine Literaturliste, und diverse weitere Dinge, die ästhetisch und theoretisch von Bedeutung sind3, in idealen Fällen beides in gleichem Maße.

Ich möchte die Perspektive Web Design as architecture weiter denken, die zugehörige Website weiter entwickeln und eine ausgearbeitete Form des Vortrags für die kommende Konferenzsaison vorbereiten. Hinweise für passende Kontexte nehme ich gern – ebenso wie Diskurs, Kritik und Input. Are.na ist die geeignete Plattform für all dieses.


  1. Weiterhin meine liebste digitale Plattform für einige der spannenderen Anwendungen des Internets, ich habe das im vergangenen Jahr aufgeschrieben

  2. Diese Einladung bedeutet mir viel – ich verfolge Grafill und das angeschlossenne Visuelt-Festival seit vielen Jahren; im Grunde seit Non-Format als Protagonisten und Gestalter diese Plattformen maßgeblich geprägt haben. Non-Format haben mir viel über Grafikdesign beigebracht, nicht zuletzt hinsichtlich der Verhältnisse von Raum und Masse in visueller Gestaltung. Full Circle. 

  3. Beispielsweise: referenzierte Websites, referenzierte Bauwerke und bessere, kompaktere Formulierungen als solche, zu denen ich fähig bin. 

Juni

Das Langformat hat ausgedient, unter aktuellen Weltbedingungen des Beobachtens ist es nicht adäquat. Der permanente Wechsel zwischen Perspektiven und Kontexten ist die richtige Strategie; jedes Medienformat ist notwendigerweise ein Metaformat, das ein Bewusstsein aller gleichzeitig stattfindenden Formate einschließt. In Floor-bezogener Musik ist das nicht neu, das Einsteigen und Aussteigen aus der Dramaturgie der Nacht gehört dazu. Die kalte Luft atmen, jemanden küssen, Wasser trinken und zurückkehren in eine veränderte Stimmung ist essentiell. Kontextswitch, good entertainment.

Einem langen Format zu folgen, erfordert etwas anderes: Erscheinen, wenn die Tür aufgeht. Sich an den Schreibtisch setzen in der Nacht ohne Vorhaben. Fünf Stunden Zeit.

Das fünf-Stunden-Set ist bereits zu Beginn anders, sein Narrativ ist nicht zu überblicken, nach acht Minuten, aber dass er verschieden ist, ist klar. Ein fünf-Stunden-Set bewegt sich tastend durch Zeit und Raum, statt sich auf die Körper zu werfen (meist sind wenige vorhanden). Es verwebt die Leere zu etwas Fühlbarem, es definiert und kontrolliert den körperlichen und den emotionalen Vibe. Das fünf-Stunden-Set hat Zeit, den Raum zu durchmessen, sich zu entfernen und zurückzukehren – ohne die Spannung zu durchbrechen, wie es auf dem Floor gewöhnlich wäre.

Es ist eine meiner liebsten und seltenen Freuden, eine Nacht im Club mit ihrem Anfang zu beginnen. Dort sein, wenn die Türen aufgehen, so lange bleiben wie es mir gefällt. Ich habe das Warm-up oft mehr gemocht als die Party – die Antizipation, das Aufschichten, das Anstauen von Energie. Völlig klar einem langsamen Narrativ zu folgen, Zeit verwenden ohne Ablenkung, Alles fühlen, Freiheit im Gebundensein. Going through the motions, but doing so with increased mindfulness.

(Während ich das 5:34:14 lange Set von Pom Pom höre, das sich tastend durch große Hallen bewegt, ins Freie tritt, den aufwirbelnden Staub betrachtet, Linien auf dem Boden folgt, um schließlich nach zweieinhalb Stunden zu einem höllischen Basic-Channel-Groove zu finden, zur brutalen Gelöstheit der zweiten Pom-Pom-LP, in den Schluchten der Nacht. Buy the ticket, take the slow ride).

Dezember

My strength, and my problem, is that I usually know exactly what I want, which is this amazing gift, or a huge ego problem. It’s both, I’m sure, and I forgive myself if it’s an ego problem. I’ve learned to do that. So it’s not like I invite people to interpret my work. I hate that (…) Being able to do it all on my own, I’m able to set a standard.

Nihilism is a trapdoor but no one said the basement was inhospitable. Work with what you have. Make silk from the cobwebs.

März

Architectural volume sets me free. Something about the measured, decisive nature about the act of building seems to leave me in a calm state of mind. Event imagined architecture or music evoking vast spatial configurations affect me in this way. The oppresive void-weight of contained spaces frees my mind, as if its unfelt, but persistently imagined pressure is required to keep my thoughts together, to crystallize my brain and soul into a state of peaceful creativity. I wonder if this is a mere reminder of the only dream I can remember from my childhood: A gargantuan black ball of infinite mass and heaviness rolling or falling, ever coming close to destroy a small potted plant, but – to the best of my knowledge – never actually doing so. I remember the feeling of tremendous weight converging with total weightlessness. Complete stasis, black float.

August

  1. Every place is warmer and less windy than Hamburg (except for San Francisco on summer evenings).
  2. Whatever happens: One bag only. No checked luggage ever.
  3. You despise overpacked luggage more than you enjoy the greater flexibility of having more things with you.
  4. Everything made from cloth needs to be in a compartment in your bag, a mesh compartment, army-rolled or velcro-strapped.
  5. If you have to bring a heavy item, it should be the center of your travel wardrobe. It should be wearable every day, especially when in transit.
  6. If there is an occasion that requires a specific outfit or equipment, the rest of your luggage should be organized around that occasion.
  7. Your luggage and all compartments have to be light. No leather, no canvas. Use Xpac, Dyneema and Cordura.
  8. On the move, you will want to wear functional garments (~ light, warm, many pockets) disproportionally. Pack those, pack less of everything else (the ACRONYM® rule).
  9. Heavy and/or chunky footwear is only acceptable when you never have to carry it in your luggage. It needs to be versatile enough to be worn every day.
  10. If, in a fit of radical decision-making, you travel with one pair of shoes only, they need to be perfect in fit and optics.
  11. If you are on the move for more than five consecutive days, bring an electric razor to shave your head.

To be extended.

Dezember

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