Interestingly, the contemporary focus on mood and vibe implies a certain speechlessness, or lack of articulation. The refusal of putting a context, a thing into words is the refusal to dissect it, which is the refusal to thoroughly understand it. Accepting a mood in this way (that is, to vibe with it) reflects the desire to interact with its context without letting it permeate one’s perceptive being. Vibing with (instead of understanding) situations is easier and requires less cognitive ressources – perception is delegated to layers closer to the biological firmware. Despite its emotional entanglement, it seems to allow more wide-ranging acceptance of varying contexts and – presumeably – easier engaging and diengaging with both aesthetic and social situations. It is, probably, adequate adaptive cognitive behaviour.
Juli
Juni
Es ist natürlich so eine Sommersache, alle WAX-Releases in Reihenfolge zu hören, und dann noch mal shuffle, an einem Tag, an dem der Wind durch die Wohnung geht und alle Räume offen sind. Das bemerkenswerte an Shed-Musik ist, wie singulär, unmittelbar lesbar, komplex und vielfältig sie ist. Sie ist der bemerkenswerte Fall des ein-Personen-Genres. Shed macht Shed-Musik: Floor-Shed, Dub Shed, Mood-Shed, Break-Shed, Shed-Shed.
Fortwährende Arbeit am Material, Forschung und Entwicklung, Freilegen immer neuer Facetten einer Musik, die unbregrenzte Freiheit innerhalb eines festgelegten Regelwerks findet. Wie ein Bildhauer, der ablässt und wiederkehrt. René Pawlowitz leistet serielle Arbeit, die in ihrer Gesamtheit ihren vollen Ausdruck erlangt.
Im Dezember schrieb ich über die kristalline Form von Shed-Musik – in diesen Tagen höre ich das andere Ende ihres Spektrums: WK7-Releases, Distance Dancer, Hoover, WAX6006(A). Gleiches Material, verschiedenes Resultat. Diese Tracks sind hart, klar, smooth und direkt, die Fortsetzung von Basic Channel mit anderen Mitteln, und nicht selten mit Gewalt. Der Sommer ist schön.
- WAX – WAX60006, 12″, WAX, 2018
- WK7 – Do it yourself, 12″, Power House Records, 2017
- Distance Dancer – s/t, 12″, The Final Experiment, 2020
Mai
Versuch, über Environment zu schreiben, die 2019 erschienene LP von My Disco. Es ist ein Album, das die Prinzipien und den Sound der Gruppe weiter zu komprimieren versucht – und sie dabei splittern lässt, wie es extrem harte Dinge naturgemäß tun.
Ruhe, nicht zu verwechseln mit der Abwesenheit von Masse und Momentum: Die stete Flugbahn eines schweren Objekts am Himmel, der lautlose Beginn einer Lawine. Energie, die mit keinem Sinn wahrzunehmen und dennoch spürbar ist.
Reduktion, Entfernen um das Verbleibende zu betonen: Die entscheidende Bedeutung der Abwesenheit von Architektur in Tadao Ando’s Sayamaike Museum in der Nähe von Osaka. Die unerträgliche Dichte der Leere in dieser Musik1.
Handlung, sich zu entschließen, in den Lauf der Welt einzugreifen: Environment befasst sich mit der Konzentration vor der Handlung. Keineswegs mit dem Zögern oder Überlegen, sondern mit dem Abwarten des richtigen Zeitpunkts. Schließlich: Die gemessene Handlung, den Raum abschreiten, einen Satz abschreiten, in Musik. Do I do enough?
Environment, die umgebende Welt: Ein treffender Titel für eine organische Industrial-Platte. So nah am Körper, zugleich auf sein Verhältnis zum Draußen bezogen (Forever, Equatorial Rainforests of Sumatra).
_This is temple music_, notierte ich vor zwei Monaten, unter dem Eindruck von Rival Colour, dem entscheidenen Track auf Environment. Es ist eine Musik, die Wahrnehmung und Körperhaltung verändert, wie das Betreten eines monumentalen Bauwerks oder eines alten Gartens. Während sie gehört wird, ist jeder Gedanke durch ihre Atmosphäre gefiltert. Jede Handlung trägt ihr Gewicht, its measured intensity, its rigour and concentration. Its all-leveling truth.
- My Disco – Environment, LP, Downwards, 2019.
Der dringende Wunsch dieser Gruppe, hier und jetzt nicht zu existieren, aufzugehen in konzentrierter Musik.
, schrieb ich auf während des My Disco-Gigs beim Atonal 2019. ↩
Frei Otto’s silent membrane and steel slopes woven into the grassy hills of Olympiapark are reminders of an optimistic time, of the idea that opposites could meet through the measured hand of engineering and design. An industrialized culture remembering its origins, the signifiers of which are never far in Bavaria. Organic spiderwebs made from steel and glass and concrete mimic the valleys and woods that were left behind.
While there is elegance to the engineering, and the optics are pleasing, the structures never achieve their goal of appearing unforced and natural. The park and its architecture appear sculpted without context. In an attempt to create something like nature, a sanitized spirit of nature, the sheer amount of force applied by its creators remains perceptible. Where the Japanese practiced bowing and weaving with the leaves and shrubs and moss for centuries, the germans knew only execution. All plans executed, no goals achieved.
März
Die undifferenzierte/nicht-dychotome, unabschabschaltbare Arbeitsfähigkeit (und ihr endlose Arbeitswille) der Algorithmen reflektiert die entscheidende Eigenschaft des Kapitalismus, die ihn über alternative Organisationsformen hat triumphieren lassen: Der Einschluss der Verneinung. Wenn es nicht um eine Leitdifferenz geht/wenn es nicht um Inhalte geht, sondern um Effizienz, ist auch Kritik in erster Linie eine Ressource für wirtschaftlichen Erfolg. Die Ablehnung des Kapitalismus zu einem vermarktbaren Produkt zu machen ist die rekursive Auflösung jeden Widerspruchs durch Einschluss in die Effektivitätslogik. Dass der Kapitalismus, und in seiner Folge der Algorithmus, seine eigene Verneinung einschließt (Abstand nehmen vom Algorithmus heißt, ihm rückschlussfähige Daten zur Verfügung stellen, man kann nicht nicht kommunizieren, man kann nicht nicht gelesen werden), ist der Grund für das Ende der Geschichten und Diskurse, und, in mittelbarer Folge, dem Rückzug ins Immaterielle und dem Beginn des Raubbaus an der letzten existierenden Ressource: Bedeutung.
Clothes as metaphysical objects, examined from two distinct angles. Groundwork towards a theory of my lifelong fascination.
01
The aesthetic perspective is rooted in communication. Garments of considered proportions and construction promise desireable narratives, ressources for cognitive dissonance, encapsulated, architectural, modular mini-worlds to place inside your reality. While escapistic in some sense, the aesthetic angle faces outwards, reflecting the world.
02
The fetishistic perspective is an entirely pragmatic one. Its fascination lies in the item as artefact, the detailed aspects of its construction and finishing. It aims to study obsessively, to examine every aspect of the object at hand, the imagineable universe around its constructive qualities. The fetishistic angle faces inwards, it concentrates on the object and the lessons it teaches.
Es ist Februar 2020, ich sitze in einem Fernzug durch die Steppe. Es sind dreißig Grad, die Sonne scheint durch stahlgefasste Fenster. Bevor sie aufging habe ich die neue Messerplatte bei iTunes gekauft, mit meinem Telefon. Ich höre sie zum ersten Mal, während nordafrikanische Landschaft vorbeizieht. Drei der sieben Stunden von Fes nach Marrakesch mit diesem Album über das Entkommen.
Die Misere des Jahres 2020 war zu diesem Zeitpunkt, obschon zu ahnen, nicht vorstellbar. Dennoch scheint der dieses Album bestimmende Eskapismus, vom März aus betrachtet, vollkommen adäquat. Eine Reaktion auf das Gefühl, eingeschlossen zu sein: nach drei Alben, in dieser Zeit, generell hier drin. Wir müssen raus. Das schlägt sich in einer gewissen Eeriness nieder, die ohne kontinentaleuropäische musikalische Entsprechung ist, und wohl auch ohne adäquate deutsche Vokabel1. Dieses Fernweh ohne Ziel, es ist wohl eher ein britisches Ding. Folgerichtig klingen Messer auf No Future Days, ihrem vierten Album, wie The Police, und wie die Specials in Ghost Town. Gefangen unter Thatcher, raus wollen und nicht raus können, eine Gruppe in ungewissen Zeiten.
Was bleibt, sind Texte als Türen und Orte, die blauen Augen in die ganz bestimmt sonnige, aber ebenso vage Ferne gerichtet. Das bedeutet eine Veränderung im Schreiben wie im Gesang von Hendrik Otremba – wurden auf Jalousie noch Geschichten erzählt, bewegen sich die Songs auf dieser Platte durch eine Welt aus wabernden Allegorien. Sie speist sich aus dem gleichen Universum wie Kachelbads Erbe, Protagonisten und Schauplätze finden hier ein unstetes Zuhause. Lena sagt, der Gesang sei noch mal ein Stück schnarrender geworden. Das ist nicht falsch, und es tut diesem Album gut. Text findet seine Entsprechung. Die Qualitäten der Gruppe Messer – Geschmack und Kohärenz – bestehen auch in dieser veränderten Form weiter.
Notizen aus dem Wüstenzug, vom ersten Hören der Platte.
- Das verrückte Haus: Braune Schilder, Sand in der Luft, Wolken ziehen herauf und bleiben fern, Casablanca Voyageurs. Unzweifelhaft ein Messersong, allein diese insistierende Bridge, und doch geht hier vieles auf, für die nun folgende Platte. Es ist dunkel in der Sonne, in einer khakifarbenen Welt. Das verrückte Haus und das Haus der Lüge, sie mögen über ihre Keller verbunden sein. Es ist eine andere Zeit.
- Der Mieter: Der eckige Funk der Strophen verebbt im Refrain, und mit ihm jede Orientierung. Mir gefällt die Orgel, und die Wortwahl. Wem gehört dieser Kopf? Am Strand angekommen, vergisst man sofort alles. Am Ende ist klar, dass es auf dieser Platte kein zweites Die kapieren nicht geben wird.
- Tapetentür: Das blecherne Piano klingt nach Sehnsucht. Hier ist ein Stück dieser energiegeladenen Idleness, die die Specials zu ihren düsteren More Specials-Zeiten ausgemacht hat: Resignation und Energie, zusammenreißen und losbrechen. Ein Auflehnen gegen den Verlust des Selbst im dunklen Ende der achtziger Jahre. Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Worte „ein Telefon schellt“ mit derartigem Effekt singen lassen.
- Anorak: Das ist wohl nun das Commitment zum Rhythmus, zu blue-eyed Rocksteady, zu diesem etwas zu kopflastigen Police-Groove. Pures Momentum. Ich liebe es natürlich, den ganzen Referenzrahmen und auch den Text. Uhren verstellen, und dann ist das Ding gelaufen. Klar.
- Tiefenrausch II: Sehnsucht, Fernsucht und ein kurzes Innehalten, bevor man ihr nachgibt. Ich muss unvermittelt an die Buchhandlungen meines Lebens denken, und die Flucht, die es dort zu kaufen gab. Dann daran, wie die Bücher auf der Kofferraumablage aus dichtem, schwarzen Textil im Passat meiner Eltern auf der Autobahn in der gleißenden Sonne liegen. Der Track ist voller Details. Dieser total gute VST-Drumsound!
- Tod in Mexiko: Ziemlich sicher der Song der Platte, der von dieser Zeit zu Beginn des Jahres 2020 im Gedächtnis bleiben wird. Zugleich ein Verweis auf eine der signifikanten Passagen aus Kachelbad’s Erbe. Diese Stimmung ist schön, und schwer zu ertragen, die wistfulness (noch so ein Wort ohne deutsche Entsprechung) in Musik und Text trifft einen schwer zu bestimmenden Punkt nah am Herz. Die Zeit ist eine Wunde, das Alter ist ein Ort. Merkenswert.
- Die Frau in den Dünen: Ein Drängen, ein Losbrechen, ein Reißen in Sprache und Sound, Messermusik. Bezeichnend ist das Wiederholen eines Kernbegriffs – immer sind es Universalismen, eher Universen als Worte, die sich gut proklamieren und schreien lassen. Bausteine von Parolen, die den Hörenden die Entscheidung überlassen, was denn nun genau gewollt werden soll: Alles, Lust, Sand. Arbeit am Wort. Das ist wohl der Hit der Platte, denke ich, jedenfalls die höchste Intensität bisher. Von hier kann ich das Ende des Zuges in der Kurve sehen.
- Stern in der Ferne: „Die Fauna vergibt nicht, sie passt sich nur an“. Ich realisiere jetzt noch nicht, wie zutreffend das in einem Monat sein wird. Es muss großen Spaß machen, diesen Song live zu spielen.
- Versiegelte Zeit: Schließlich ins Freie. Im großen Kreis gehen, den knirschenden Sand unter den Chelsea-Boots, ein bisschen Freakout, die letzte rauchend innehalten, in die Sonne schauen. Ein Aquarium aus Licht. Das Ende eines sanftes Albums, das schließlich auch vom Ende der Menschen handelt.
- Messer – No Future Days, LP, Trocadero, 2020.
Imaginary Joy Division, barely audible in the background of Pro Quadratmeter, now in Almstadtstraße1, as the empty streets of this particular, unglamourous apocalypse remain wind-swept and rainy. Jackpot. Ich kaufe Miamification von Avanessian, so ein Stream-of-Consciousness-Ding bei Merve. Das scheint mir die einzig mögliche Handlung. (13. März)
Seen from my inner 2005. ↩

Februar
Wind over water at the unornamented mirror lake of Menara Gardens. Built afar, adjacent the olive grove, by an imagined beduin cult of brutalist worshippers.
There is no photographic image, no advertisement, no glowing condensed corporate typography. Buildings seem to emerge directly from the reddish-brown ground, molding into soft cubes and boxes. The cityscape does not pry for attention, its decidedly nonmodern psychogeography seamlessly merges into a pastoral sprawl inflated to vast dimension and density.
I have a great affection for cats, as all tasteful and self-respecting humans do. Particularly, I cherish their arcane capability to offer a particular kind of intense, but silent companionship. Observing a city beneath a full moon, low and heavy, in quiet unison with a cat is a privilege quite uncomparable to anything else.
Palais el Badi: Afroeuropean Mythologies
A gleaming S-Class in black and chrome is parked next to a reddish clay wall, passed by a kid on a creaking bicycle and a handsome old man in a grey kaftan (I take special note of his accurately groomed, short grey beard). The limousine’s presence marks the place as psychogeographic science fiction. It is an intruder, an object from another time and universe, one I seem to be strangely familiar with: NFC readers, softly organic trainers, caftans, dust, cooked wool, satellite dishes, Buckydomes, walled gardens, fliphones, iPhones, hairstyles, all somehow materializing in an unexpected kind of 2020.
Urban Moroccan housing defaults to a subtle ledge starting on the first floor. It offers shade to the life in the street, increases the size of the living quarters (ground floors are mostly used for storage or workshops) and lends an element of decided, simple ornamentation to the otherwise plain cube. This is usually mirrored by the roof construction: the top floor is reduced to about a third of the ground floor area, creating a large terrace. From this, the shape of the residential unit emerges: a soft-edged rectangular box, defined by two interrelating incisions.
A bed in the desert, nature in perfect silence. There is the soft sound of flocks of small puffy birds passing overhead, and a warm breeze. Sun sets over the ranges, the desaturated Atlas mountains loom in the background. Life is forced into equilibrium. Many ways to go from here. (02/10/20)
In Casablanca, architecture appears to be more substance than artefact. It seems to bee perpetually melting, flaking, merging with nature and civilisation. Many buildings echo a faint Art Deco heritage, misunderstood even by the foreigners that brought it to these parts. Since, the idea of the graceful line seems to have evolved into something more organic, matching northern African sensibilities and energies. Here, the new and modern appears as just another iteration, reintegrated into the profoundly social mechanics of the medinas and markets, all refinement reserved for two-storey courtyards, areas of consultation and quietness.
What would you go to Casablanca for? For two days?
— Ingrid