electricgecko

August

Sometimes, it’s just an Airport

Juli

Es ist erstaunlich, wie konsistent die Themen der Explore-Sektion bei Flickr, die Mengen an Fotos und Grafiken bei ffffound! (und artverwandten Visual-Bookmarking-Anwendungen) sind. In der uneingrenzbaren Masse aus – zweifelsohne großartigen – Portraits weiblicher Fotomodelle, Produktshots und Farbexplosionen nehmen sich andere Themen aus wie Fremdkörper. Dronen im Blumenbeet.

Stille, Abstraktion und Distanz müssen ohne emotionalen Reflex ihrer Betrachter auskommen. Ihnen fehlt der praktische Vorteil einer Bedeutung, sie sind auf Textur und Oberfläche reduziert. Um so mehr haben sie einen ausdauernden Blick und Auseinandersetzung verdient. Das gilt zum Beispiel für die Naturmotive der Serie Here · Ings – eine Art visuelle Field Recordings, die mit dem Untertitel A Sonic Geohistory als Bildband erschienen sind. Außerdem sehenswert: Larry Gottheims Kurzfilm Fog Line (1970), der sich Wiederholung und Stille in Bewegung mit anderen Mitteln nähert, sowie die Arbeiten des niederländischen Künstlers Bas Jan Ader1.

Meinen bescheidenen, andauernder Versuch, Texturen und repetetive Strukturen aufmerksam zu begegnen, dokumentiert das Flickr-Set Postmodernism.

Via datdatdat, deren/dessen minmalistische eigene Arbeiten zur Datenvisualisierung ebenfalls einige Blicke wert sind.


  1. Der allein für die tolle Website von Folkert Gorter (of But does it float Fame) Aufmerksamkeit verdient hat – auch wenn er bereits 1975 auf dem Ozean verschollen ist. 

Es ist nicht so schwer, ein starkes Corporate Design für ein gutes Produkt hinzubekommen. Talent für Gestaltung und Kommunikationsstile ist da draußen im Web reichlich vorhanden – leider und häufig gezwungenermaßen gepaart mit der Bereitschaft, dieses auch für wenig bis kein Geld einzusetzen. Zumindest, wenn es um ein kredibiles und hochwertiges Produkt geht. Fame, ein fester Teil des Honorars, wie die Steuern.

Vor diesem Hintergrund darf man dem frischen, norwegischen Jeanslabel mit dem sehr guten Namen Anti Sweden bereits jetzt Erfolg auf der ganzen Linie attestieren. Alles richtig gemacht: Großes Selbstvertrauen in Namen, Ansage und Wortmarke an den Tag gelegt, anschließend die postmoderne Umwidmungsmaschinerie so gewinnbringend wie möglich in Gang gesetzt. Die Death-Metal-Referenz ist noch nicht allzu abgegriffen, bringt einen angemessen schrottigen Illustrationslook mit (Typ: dezent okkultes Kugelschreibergekritzel) und liegt allein aus geographischen Gründen (Oslo!) nahe. Dass verhuschtes Doomzeug à la Wolves in the Throne Room gerade hip ist, schadet sicherlich auch nicht.

Ich bin vom Look und der Inszenierung ganz hingerissen, weil sie so konsistent und bold (falls jemand eine adäquate deutsche Übersetzung kennt, setze ich sie gern hier ein), aber gleichzeitig sehr albern sind. Bitte mehr solche Projekte, mehr liebevolle Produkte, mehr überdrehtes Popkulturdurcheinander. Wir helfen auch alle gern, we’re only in it for the fame and a free pair of black overdye slim fits.

Mehr Fotos vom Anti-Sweden-Labellaunch und weitere Spitzenartworks von Justin Bartlett gibt es auf der temporären Website, antisweden.no.

Mai

Mit Ironie ohne Unschuld

Ich habe ein Poster als Geburtstagsgeschenk für Kriesse gestaltet und direkt einige mehr drucken lassen. Freunde in Hamburg und Berlin: watch your mailboxes. Waldfoto von Sarah.

Solange der alte Allgemeinplatz vom Content als King und Kriterium noch wiederholt und geglaubt wird, solange werde ich nicht müde, dagegen zu halten. Zu behaupten, dass Form und Präsentation mindestens Queen und gleichberechtigt sind. Inhalte sind verfügbar und austauschbar, für wenig oder kein Geld zu haben. Es gibt mehr Mängelexemplartaschenbücher als reguläre Ausgaben. Doppeldigipack-Editionen relevanter Platten kosten einstellige Eurobeträge und damit weniger als ein Plastikessen in der Mönckebergstraße.1

Den Unterschied macht die Form, Inszenierung, Performance. Nichts kann mehr gut sein, das nicht gut aussieht (Credit: ZIA). Gestaltung ist nicht, was drumherum ist. Gestaltung ist, was den Inhalt zu etwas Relevantem macht. Zwei Beispiele, über die ich mich heute sehr gefreut habe.

Erstens, eine neue Reihe von Science-Fiction-Klassikern. Ich habe für diese Sorte Literatur recht wenig übrig. Doch die Art, mit der Sanda Zahirovic aus extremer Mittel- und Materialbeschränkung eine umwerfende Serie von Coverartworks kreiert hat, gibt der Auflage eine andere Qualität. Das Artwork für Eon von Craig Bear – ein Foto des Titelprints auf einem eingerollten Druckbogen – ist nichts weniger als grandios. Dabei ist der kurze Umweg über die dritte Dimension zurück in die Zweidimensionalität an sich ein simples Maneuver. Bonuspunkte für weitere Metaebenen im Umgang mit dem Romanwerkstoff Papier. Eine Freude.

Noch besser ist es, wenn die formalen Kriterien Teil des Inhalts werden. Ist beides verwickelt und ineinander verschlungen, wird die Sache mit der Abgrenzung so schwer, dass man eher von funktionalen Gesamtartworks sprechen sollte.

Ein schönes Beispiel ist das sehr gute Album Atavism des Elektroprojekts SND. Musik und Verpackung sind so streng in Konzepte und Regeln eingezwängt, dass größere Abstraktion und Spannung schwer vorstellbar sind. Die Musik setzt sich aus einer minimalen Menge Sounds zusammen, die allein durch Wiederholung und Überlagerung zu einem Groove zusammenfinden und wieder zerfallen. Das Cover verwendet Farbe ausschließlich auf den Innenseiten des CD-Sleeves und macht Informationen über Laufzeit und Titel des Albums als farblose Prägungen sichtbar. Die Platte gibt es bei Raster-Noton zu kaufen. Mehr Fotos der Verpackung hat ihr Gestalter, chokogin, bei Flickr hochgeladen.


  1. Fordern dafür allerdings den Weg in die Elektrodiscounterhölle. Das sollte man sich per Schadensersatzcoupon vergüten lassen können. 

Die Welt ist doch bunt und interessant. Zieht man an beliebiger Stelle einen losen Faden heraus und folgt ihm ein Stück – man kann sich darauf verlassen, an bekannten Orten und Icons vorbeizukommen. In Stockholm bin ich in dem sehr geschmackvollen Club Almänna Galleriet 925 in die Gewinnerausstellung des Kolla! Designpreises geraten. Zwischen viel guter Illustration, Fotoprojekten und einem Beerdigungs-CI von Kristian Möller bin ich in einer der wenigen Editorial-Arbeiten über das Cover der Heron Debut EP gestolpert. Spitzenname, Spitzencover. Beide landeten im Moleskine, for further reference.

Turns out: Heron ist ein Minimal-Projekt aus good old Münster. DIe Gestaltung kommt von Till Wiedeck, der nicht nur ein unfassbar gutes Portfolio vorweisen kann, sondern ebenfalls in Münster lebt (und dessen Arbeiten schon länger bei meinen liebsten Bookmarks liegen). Wer in Münster mit offenen Augen durch die Stadt geht, kennt zumindest seine Plakate und die CI für die Schaltkreis-Parties.

Eine Freude, wenn sich die Dinge so ministeckmäßig zusammenfügen, Schleifen drehen und im Zeichensystem des eigenen Lebens wild umherzeigen, wie es ihnen passt.

April

Wenn die Summe der gefühlten Durchschnittstemperaturen an vier aufeinander folgenden freien Tagen größer ist als achtzig, sind ausschließlich Wiesen und Parks akzeptable Aufenthaltsorte. Faustregel. Man wirft sich tagsüber Frisbees zu und hört sich nachts eingängiges Zeug an dunklen Orten an. Das alleräußerste, was an Produktivität dabei herausspringen darf, ist ein launiger Relaunch des eigenen Tumblelogs.

Ich habe mich über das lange Wochenende einige Stunden lang meiner momentanen Freude an generischem Blau hingegeben und dem Seitenblog bei soc.electricgecko.de eine neue Form gegeben. Herausgekommen ist etwas, das meinem selbstveordneten Grundsatzcredo für alles (Schrottige Eleganz) recht nahe kommt. Wer nur Feeds oder das Dashboard ließt kann ja kurz reinschauen und sich verwirren lassen. So sieht das aus.

Stream of Consciousness

Einige der am einfachsten im Web aufzutreibende Dinge sind Schreibtischhintergründe. Zwischen Deviantart und Interfacelift quietscht und schreit so viel Kitsch, Aqua-Style und Hochglanzphotoshop, dass man am lieber weiter auf sein neutrales dunkelgrau schauen mag. Um so erfreulicher, wenn im visuellen Datenstrom ansprechende, interessante und – vor allem – sinnvoll verwendbare Hintergründe auftauchen. Einige der schönsten Arbeitsumgebungen überhaupt bieten die Gestalter des fantastischen Studios Your Majesty an.Your Majesty desktop pictures

Ihre abstrakten Formen und mäandernden Renderings sind von fast architektonischer Qualität – hochwertige Texturen, komplexe Formen; sie wirken wie Visualisierungen unbekannter Datensätze. Gleichzeitig sind sie ruhig und minimal genug, um hinter all den Photoshop-Paletten und Social-Networking-Clients nicht abzulenken.

Eine Übersicht über alle Schreibtischhintergründe von Your Majesty sowie Downloads für verschiedene Bildschirmmaße gibt es hier. Außerdem prima und brauchbar:

März

Berlinerinnen/Berliner! Nach dem großen Mundwässrigmachen folgt das große Gutfinden und Genießen. Es geht um das neue Opak Magazin, das in den letzten Monaten seinem Namen alle Ehre gemacht hat. Und weil gute Zeitschriften wie alles andere auf der Welt eine Release-Party verdient haben, ist es nur angemessen, dass eben diese am Donnerstag in der Bar in der Karl-Marx-Allee 36 stattfindet. Ich werde leider nicht dort sein können – aber ihr, Berlinerinnen/Berliner, ihr solltet. Denn am Opak Magazin sind so viele entschlossene, fähige und schöne Menschen beteiligt, dass beides gut werden muss: Release-Party und Heft. Und: wenn das Editorial Design auch nur ansatzweise mit der Plakatgestaltung zu tun hat, folge ich Lisas Rat.

Feiert! Ich denke an euch.

Opak Release Party

Miyagi - How to do it EP
Es läuft, wie es immer läuft. Miyagi sind eine Gruppe, sie veröffentlichen Platten. Kriesse und ich sind Gestalter, wir denken uns auf Zuruf Zeug dazu aus. Für die neue How to do it EP ist uns was mit Weltall und Public-Domain-Fotos des Hubble-Telekops eingefallen. Die Zusammenhänge erschließen sich nicht auf den ersten Blick, aber es muss ja auch noch Gründe geben, diesen Tonträger samt digitaler Verpackung bei iTunes zu erwerben. Weitere Gründe: Neben dem Titelsong gibt es diverse hitfähige Remixe (unter anderem von Frittenbude) und eine vertrackte Liveversion von Sideways. Ich empfehle wärmstens.

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