electricgecko

August

Seitdem sich die Idee des Startups vollständig als sinnvoller Modus Operandi für die Entwicklung digitaler Produkte und/oder die Schaffung sinnvoller Arbeitsbedingungen durchgesetzt hat, gibt es eine nachwachsende Menge Notify me!-Buttons zu klicken und Twitter-Accounts zu folgen. Das ist grundsätzlich begrüßen, allerdings sollte man mit solcherlei Commitment sparsam umgehen – es gibt so viel Langweiliges und noch mehr Unnötiges.

Hin und wieder lohnt sich das Interesse hingegen sehr. Hätte ich mich in den vergangenen beiden Jahren bei nur einer neuen Applikation anmelden dürfen – meine Wahl wäre auf Mapalong gefallen. Mapalong ist, was Google Maps (sinnvollerweise) fehlt – eine Infrastruktur, mit der sich Orte und Wege zu persönlichen Geschichten verbinden lassen. Wer schon einmal irgendwas erlebt hat (Besuch einer anderen Stadt, Fahrradtour, Essen gehen), weiß, dass das eine richtige Herangehensweise ist.

Bei Mapalong handelt es sich um das Seitenprojekt von Analog, was die Qualität des Interfaces erklärt. Momentan befindet sich die App in der geschlossenen Beta-Phase, ist aber hinsichtlich Gestaltung, Responsiveness und Funktionsumfang bereits jetzt unglaublich gut. Spätestens mit einer fertigen mobilen Version wird Mapalong der Ort für persönliche, ortsbezogene Informationen werden – und vielleicht ein bisschen das, was Dopplr nicht geworden ist.

Ich möchte gern, dass wir uns alle dort anmelden. Unsere Reisen werden schöner und die Geschichten zahlreicher werden. Mein Profil bei Mapalong ist via mapalong.com/electricgecko erreichbar.

Juli

Es geht schnell, wenn die Entscheidung erst einmal gefallen ist. Darum sind die knapp fünfzig weiß gestrichenen Quadratmeter im Karoviertel kein leerer Raum mehr, sondern ein Studio. Weil Andreas und ich das so nennen, weil wir Tische gebaut und Wände gestrichen haben, weil es jetzt einen Plan gibt, für diesen Raum. Wir durften feststellen, dass die Geschichten der anderen wahr sind – wenn es dein Büro, deine Agentur, dein Laden ist, freust du dich über jedes Regalbrett und das Geräusch der neuen Türklingel.

Long story short – wir freuen uns so sehr, dass wir gern zeigen möchten, was wir gerade tun. Darum veröffentlichen wir ab sofort Fotos aus dem werdenden Studio. Dazu haben wir eine simple Website gestaltet: We Are building a digital design studio.

Es gibt eine Facebook-Seite und einen Twitter-Account. Nicht weil man das so macht, sondern weil wir etwas mitzuteilen haben werden. Weil wir was vorhaben, mit Hamburg.

Und wenn uns jemand fragt, wer wir sind, dann sagen wir: We Are Fellows.

Dezember

Seit electricgecko.de aus Versehen zu einem Periodikum loser Folge geworden ist, ist der Stream of Consciousness mein Kanal für allerlei Kram. Seit 2007 sample ich dort via Tumblr interessante Formen und Inhalte zu einem Pastiche, das höchstens subjektiv Sinn ergibt. Aber gerade als solches ist es mir sehr ans Herz gewachsen. Weil es eben so schön aussieht, wenn man durch drei Jahre Grafikdesign, Architektur, Mode, Frisuren und Textschnipsel navigiert.

Doch weil die Fragen der Form interessanter sind als solche des Inhalts, habe ich den Stream of Consciousness nach langer Zeit neu gestaltet. Es gibt eine neue Primärfarbe, andere Schriften und ansonsten wenig. Aber das Wenige, das ist immerhin schön und interessant. Doch sehen sie selbst.

soc.electricgecko.de

Seit einigen Monaten schreibe ich als Sidekick von Kacper (of Stijlroyal Fame) regelmäßig über gute Kleidung, erfreuliche Möbel und verwandte Stilfragen im programmatischen Journal The Modern Gentleman. Zum Ende des Jahres — doch nicht nur dafür — haben wir uns etwas Schönes ausgedacht. Ab sofort finden die Leserinnen und Leser unserer Publikation neben unserer regelmäßigen Auseinandersetzung mit Fragen des Auftretens, Wohnens und Benehmens auch eine ansehnliche Sammlung dazu geeigneter Kleidung und Accessoires. Eine Augenweide und etwas für die seltenen Tage, an denen alle anderen Modeblogs und Onlineshops allzu langweilig erscheinen.

themoderngentleman.de/lookbook

September

Minimalismus ist Arbeit, weil jedes Weglassen an der Oberfläche in umgekehrter Proportion Nachdenken darunter erfordert. So geschehen bei meinem letzten Projekt mit Till, dass wir in der vergangenen Woche abgeschlossen haben: Die Website für KUXMA, ein Studio für Filmproduktion in Kreuzberg. Während Till viel Zeit investiert hat, um ein gleichermaßen reduziertes wie funktionales CI zu entwickeln, habe ich mich um die Adaption an Front- und Backend im Web gekümmert. Das Ergebnis: eine simple Website mit maximaler Flexibilität. Layout und Content skalieren mit der Fenstergröße. Das HTML-Markup ist 46 Zeilen lang. Der Preis: Haareraufen, 400 Zeilen JavaScript und zeitweilig Bugfixing by Committee (danke, Hannes und Jan). Was tut man nicht alles für die glänzende Oberfläche. Das Egebnis: kuxma.de.

August

Ich habe mich bislang zurückgehalten, mit Meinungen und Kritik zur wichtigen Frage: Wie soll man sich kleiden? Das hat zum einen damit zu tun, dass eine interessante, anspruchsvolle Auseinandersetzung mit dem Thema schwer ist — die extrem überschaubare Zahl brauchbarer Publikationen ist nur ein Indiz. Zum anderen ist gute Kleidung eine Sache, die im Idealfall unkommentiert zur Kenntnis genommen werden sollte.

Darum will ich versuchen, in meinen Beiträgen für Kacpers wundervolle neue Publikation möglichst wenig zu nerven, nicht an der Oberfläche zu bleiben und vor allem: sie nicht todernst zu nehmen. In meinem ersten Text geht es unter anderem um Brötchen.

Ich freue mich sehr, an Bord zu sein und lege euch ein Magazin ans Herz, hinter dessen Titel ich mich, in Chelsea Boots und Button-Down, guten Gewissens stelle: The Modern Gentleman.

Juni

Die Geschichte vom Web und dem gegenseitigen Zusehen, der stetigen Begeisterung über unfassbar richtige Perspektiven anderer, sie wurde zu häufig erzählt, um noch originell zu sein. Eine meiner Geschichten, dieser Sorte ist Ramon Haindl. Über die Tapes1 und die Ästhetik von We are Gosh war es ein kurzer Weg zu dem, was er in erster Linie macht: Fotografie. Seine Bilder verbinden einen harschen, matter-of-fact-Stil mit Nähe und Wärme. Es tut weh, und dann möchte man mehr.

Ramon hat heute sein Portfolio veröffentlicht. portfolio.ramonhaindl.com zeigt Kommerzielles, persönliche Fotografie und Editorial-Arbeiten. Alles davon ist unbedingt sehenswert, ebenso das assoziierte Journal. Aus letzterem stammt das Bild zu diesem Eintrag. Es wurde in Tell Mum Everything Is Okay N°3 veröffentlicht und gehört zu den spannendsten, die ich in diesem Jahr gesehen habe. Bitte beachten.


  1. Ich höre das düstere D’Arc-Tape immer noch. Seit zwei Jahren. Es wird nicht schlechter. 

Gestern hatte ich die Freude, auf Einladung von up.front einen kurzen Vortrag über die Rolle von Rastersystemen bei der Gestaltung für das Web zu halten. Nach einigen Worten über Müller-Brockmann und einem Tiefschlag gegen die Neunziger (Haha, der doofe Carson) habe ich bunte Bilder gezeigt und kurz angerissen, was ein Gestaltungsraster im Web leisten kann. Ich behaupte: Hierarchie, Balance, Flow und Spannung. Geschlossen habe ich mit einigen, vollkommen aus der Luft gegriffenen Gedanken zur Bedeutung des Rasters im kreativen Prozess.

Die Slides meiner Präsentation gibt es hier als PDF-Download: Have no fear of perfection — Grid systems in web design.

Diskussionen, Feedback und Materialien aller Talks gibt es in unserer Google Group. Falls ihr etwas mit dem Web, Frontend-Code oder digitaler Gestaltung zu tun habt: schaut vorbei, schlagt Themen vor, setzt euch aufs blaue Sofa. Die nächste Session gibt es in vier Wochen, im Co.Up, Kreuzberg.

Mai

Das Schöne am Web ist ja, dass man nicht immer alles selber machen muss. Dezentralität erhält gute Ideen am Leben; es findet sich immer jemand, der das Package verwaltet, die Gruppe weitermoderiert, die Serverkosten zahlt. In diesem Fall hat es gereicht, dass Marcel an die Stylespion-Aktion Ein Herz für Blogs gedacht hat. Ich begrüße die Aufmerksamkeit für das schöne, entschleunigte Format Weblog.

Ich lege wärmstens an ihr Herz:

  • erleben — Anika schreibt seit einigen Monaten leise und eindringlich über Kunst, Musik und Gegenwart. Man sollte sie lesen, für die Auswahl ihrer Themen, für ihre sachlichen und doch nahen Worte zum Stand der Dinge.
  • Lass uns scheitern — Verfolgen sie ein Experiment von Jens Nikolaus. Ein persönliches Themenblog zu dem zentralen Thema der in die Permanenz verlängerten Moderne: dem Scheitern, dem Versagen, der Kapitulation.
  • Fashion Bits and Bobs — Pascal Grob muss man eigentlich nicht mehr empfehlen, aber Fashion Bits and Bobs ist eines dieser ganz wenigen Blogs über Männermode, die man mit Gewinn liest. Weil es die Balance hält, zwischen Inszenierung, Ausblick und Einordnung. Bitte berücksichtigen sie auch: Visual Diary of Pascal Grob.

Technische Nachbemerkung: Als ich kurz fünf Minuten nachgedacht habe, über gute und frische Weblogs und welche zu empfehlen wären, ist mir aufgefallen, wie sehr Tumblr zur zeitgemäßen Engine des Schreibens im Web geworden ist. Kaum ein neues Blogprojekt ohne halbtransparente + Follow-Overlays. Tumblr ist der Quasi-Standard für inhaltsbezogene Weblogs, Moodboards und vergleichbare Publikationsformen. Besser dieser als ein anderer.

Die Diskussion über Flash und HTML5, über CSS3 und Frameworks muss geführt werden. Sie ist interessant, unterhaltsam und relevant. Dennoch — ich halte mich auch bei diesem Thema lieber an den Nebenschauplätzen auf. Weil es mich mehr kümmert, was nun anzufangen ist, mit den schönen neuen Werkzeugen. Welche Auswirkungen das vorhandene Set von Tools für Grafikdesign und Nutzerführung im Web hat. Ausnahmsweise also einmal: Pragmatismus.

Schönstes Beispiel, das gerade die Gestalterschulhofrunde macht, ist die neue Website des Inventory Magazine, einer wunderbar gestalteten Publikation über hochwertiges Alltagsequipment. inventorymagazine.com tut genau das Richtige — statt den Look der Zeitschrift für das Web zu kopieren (und dabei an Nutzbarkeit und Stringenz zu scheitern, wie die vorige, Flash-basierte Website), übersetzt sie das Editorial Design in ein anderes Medium.

Bemerkenswert ist besonders die Updates-Sektion, die dank simpel realisierter Variationen innerhalb des Rasters eine Wertigkeit der Gestaltung erreicht, die sich wohltuend von all den Kaugumminterfaces abhebt. Und dazu genügen der flexible Umgang mit Bildformaten, ein wenig Detailtypografie mit Verstand (Marginalien/Bildzeilen) und Spannung im Layout. Man sollte mehr über diese Dinge sprechen. Ein CSS3-Multicolumn wird genau dann interessant, wenn es ein konkretes Gestaltungsproblem löst. Tools follow form follow function, bitteschön.

Oder eben immer wieder, bis es schmerzt: Less but better.

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